tag:blogger.com,1999:blog-37778476343037842502024-02-19T08:13:16.503+01:00A Girl's DiaryDas Leben der Sady SmitzSady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.comBlogger33125tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-10201243898584339512010-09-18T23:46:00.004+02:002010-09-19T00:02:30.877+02:00Hinter den Kulissen<div style="text-align: justify; font-style: italic;"><!--[if gte mso 9]><xml> <w:worddocument> <w:view>Normal</w:View> <w:zoom>0</w:Zoom> <w:hyphenationzone>21</w:HyphenationZone> <w:punctuationkerning/> <w:validateagainstschemas/> <w:saveifxmlinvalid>false</w:SaveIfXMLInvalid> <w:ignoremixedcontent>false</w:IgnoreMixedContent> <w:alwaysshowplaceholdertext>false</w:AlwaysShowPlaceholderText> <w:compatibility> <w:breakwrappedtables/> <w:snaptogridincell/> <w:wraptextwithpunct/> <w:useasianbreakrules/> <w:dontgrowautofit/> </w:Compatibility> <w:browserlevel>MicrosoftInternetExplorer4</w:BrowserLevel> </w:WordDocument> </xml><![endif]--><!--[if gte mso 9]><xml> <w:latentstyles deflockedstate="false" latentstylecount="156"> </w:LatentStyles> </xml><![endif]--><!--[if gte mso 10]> <style> /* Style Definitions */ table.MsoNormalTable {mso-style-name:"Normale Tabelle"; mso-tstyle-rowband-size:0; mso-tstyle-colband-size:0; mso-style-noshow:yes; mso-style-parent:""; mso-padding-alt:0cm 5.4pt 0cm 5.4pt; mso-para-margin:0cm; mso-para-margin-bottom:.0001pt; mso-pagination:widow-orphan; font-size:10.0pt; font-family:"Times New Roman"; mso-ansi-language:#0400; mso-fareast-language:#0400; mso-bidi-language:#0400;} </style> <![endif]--> </div><p style="text-align: justify; font-style: italic;" class="MsoNormal">Nun ist er endlich aufgetaucht, dieser Marc ... und dann geht es irgendwie nicht weiter. Das hat mehrere Gründe. Einerseits habe ich, Sadys „Mutti“ – wie ich so schön in einem anderen <a href="http://valentiner.wordpress.com/2010/08/21/valenreiter-das-leben-der-sady-smitz/">Blog</a> beschrieben wurde – eine sehr stressige Phase und den Kopf für die Weiterentwicklung der Geschichte nicht so richtig frei. Andererseits habe ich meine Story nicht „geplottet“ und stecke jetzt fest. Ihr fragt euch jetzt sicher, was plotten ist. Plotten kommt vom englischen Wort „<a href="http://en.wikipedia.org/wiki/Plot_%28narrative%29">plot</a>“ und bedeutet nichts anderes als den roten Faden der Geschichte spinnen. </p><div style="text-align: justify; font-style: italic;"> </div><p style="text-align: justify; font-style: italic;" class="MsoNormal">Mein Geschichtchen hier fing ja eigentlich als Schnapsidee an und wurde – zumindest für mich – dann doch zu einem sehr interessanten Hobby. Ich war gespannt, was Sady alles passieren, in welche Richtung sich ihr Leben entwickeln würde. Denn ohne geplanten roten Faden war ich nach jedem Kapitel überrascht, was da passiert war. Je mehr ich schrieb desto häufiger passierte es, dass ich eine bestimmte Richtung einschlug, die dann mehrere Möglichkeiten der Entwicklung der Geschichte eröffnete. Also machte ich mir Notizen. Leicht perfektionistisch angehaucht, bastelte ich einen Zeitstrahl, um die Übersicht nicht zu verlieren, fing an mir Charaktereigenschaften der agierenden Personen zu notieren, bemerkte, dass der gewählte Job für Sady vielleicht nicht so optimal ist, da ich keine Ahnung von der Branche habe – er klang einfach nur spannend im ersten Moment. </p><div style="text-align: justify; font-style: italic;"> </div><p style="text-align: justify; font-style: italic;" class="MsoNormal">Während des Schreibens stellte ich nun also fest, dass es bei weitem nicht so einfach ist eine in sich schlüssige Geschichte zu schreiben – vor allem, wenn man sie vorher nicht so wirklich plant und diese ungeplanten Kapitel sofort online stellt. Nun hatte ich aber damit angefangen und wurde auch regelmäßig angesprochen doch bitte schnell eine Fortsetzung zu liefern. </p><div style="text-align: justify; font-style: italic;"> </div><p style="text-align: justify; font-style: italic;" class="MsoNormal">In mir wuchs der Gedanke, im Nachgang – also wenn aus meiner Sicht die Story um Sady beendet ist – alles zu überarbeiten und sozusagen einen „richtigen“ Roman daraus zu machen. Ob der dann am Ende in meiner Schublade landen würde oder bei euch auf dem Nachttisch ist dabei erstmal zweitrangig. (Auch wenn mir letzteres natürlich gut gefallen würde. Keine Frage). Mir geht es aber darum, eine logische, spannende Geschichte zu schreiben. </p><div style="text-align: justify; font-style: italic;"> </div><p style="text-align: justify; font-style: italic;" class="MsoNormal">Bisher fand ich die Idee auch gut. Jetzt bin ich an dem Punkt, dass aus meiner Sicht als Leseratte etwas passieren muss. Ich habe auch schon so ganz leicht eine Idee, wie es weitergehen könnte mit Sady und Marc und Jeremy und all den anderen. Aber eben auch nur so ein bisschen. Ich habe das Gefühl, mich zu verzetteln und die Geschichte damit kaputt zu machen – zumindest für mich. </p><div style="text-align: justify; font-style: italic;"> </div><p style="text-align: justify; font-style: italic;" class="MsoNormal">Neulich war Philipp auf Sady aufmerksam geworden, der als Autor und Lektor arbeitet, und hinterließ einen kurzen Kommentar zum <a href="http://sadysmitz-agirlsdiary.blogspot.com/2010/05/preface.html">Preface</a>. Neugierig wie ich bin, besuchte ich Philipp natürlich auf seiner <a href="http://philippbobrowski.wordpress.com/">Seite</a> und fand diese sehr interessant und informativ. Man erhält viele Informationen rund um das Schreiben. Vor kurzem hat er begonnen, Schritt für Schritt das Plotten zu erklären (<a href="http://philippbobrowski.wordpress.com/2010/09/14/pb-plotten-einfuhrung/">hier</a>). Schon nach kurzem Lesen wurde mir klar, dass ich nicht die Erkenntnis des Jahrhunderts hatte, als ich feststellte, dass kreatives Schreiben und Planung einander nicht ausschließen.<br /></p><div style="text-align: justify; font-style: italic;"> </div><p style="text-align: justify; font-style: italic;" class="MsoNormal">Warum ich das alles erzähle? Ich überlege, Sady an dieser Stelle – wenn man so will – aus dem öffentlichen Leben zu nehmen, die Geschichte nicht hier fertig zu schreiben, sondern das vorhandene Material zu überarbeiten. Ich hätte somit die Möglichkeit, die Charaktere besser kennenzulernen, vielleicht bekommt Sady einen neuen Job. Unter Umständen verändert sich die grobe Handlung, möglicherweise müssen aber bestimmte Erlebnisse gelöscht und durch neue ersetzt werden. (Warum geht das eigentlich nicht auch im echten Leben?? Okay, das ist wieder ein anderes Thema.)</p><div style="text-align: justify; font-style: italic;"> </div><p style="text-align: justify; font-style: italic;" class="MsoNormal">Was haltet ihr davon? Natürlich würde ich über meine Fortschritte berichten, damit ihr Sady nicht ganz vergesst. Lasst mich wissen (Meinungen bitte unten in den Kommentaren), was ihr gut fandet an der Story, was euch aufgefallen ist (pos/neg). </p><div style="text-align: justify; font-style: italic;"> </div><p style="text-align: justify; font-style: italic;" class="MsoNormal"> </p><div style="text-align: justify; font-style: italic;"> </div><p style="text-align: justify; font-style: italic;" class="MsoNormal"> </p>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-14751106712271663362010-08-25T22:57:00.004+02:002010-08-26T20:54:22.653+02:00Chapter 29<div style="text-align: justify;">Der Abend war erstaunlich mild für Ende Oktober. Sam begleitete mich zur Vernissage von Jeremys Freund James. Josh hatte nicht so sehr Lust auf Kultur und verbrachte den Abend stattdessen mit seinen Jungs. Paula musste leider arbeiten, würde aber vielleicht später noch zu uns stoßen. Sam und ich hatten uns fein herausgeputzt, schließlich war man nicht jeden Tag zu der Eröffnung einer Ausstellung eingeladen.<br />„Oh, sieh mal! Da vorn muss es sein.“ Sam zeigte die Straße hinunter. An der nächsten Kreuzung waren an einem Eckhaus zwei große Fenster elegant erleuchtet. Ein paar Leute standen davor und unterhielten sich. Wir gingen auf die kleine Galerie zu und gesellten uns zu den Gästen vor der Tür. Ich versuchte Jeremy und seine Freunde zu erspähen, konnte sie aber nirgends entdecken.<br />„Sam, wollen wir vielleicht schon hinein gehen? Das ist mir dann doch zu frisch hier draußen.“<br />„Klar, gerne. Wir dürften ja auf der Liste stehen.“<br />Wir wurden ohne Probleme hineingelassen und mit einem Glas Prosecco begrüßt.<br />„Sag mal, kennst du diesen James eigentlich?“<br />„Nein, noch nie gesehen. Ich kann dir also nicht mal sagen, ob der Star des Abends bereits anwesend ist.“<br />„Macht ja nix.“ Wir prosteten uns zu. „Auf einen schönen Abend.“<br />Während wir uns umsahen und auf Jeremy warteten, beobachtete ich die verschiedenen Gäste. Alle waren elegant gekleidet. Nur wenige Männer waren in Jeans gekommen, die meisten trugen Anzug und Hemd, aber leger geknöpft ohne Krawatte. Die Damen hatten sich in feine Stoffe gehüllt, viele trugen Kleider. Der Londoner Großstadt-Chic gefiel mir gut.<br />„Meinst du, es sind auch bekannte Leute hier?“ Auch Sam beobachtete die eintreffenden Gäste.<br />„Prominente?“<br />„Ja?“<br />„Keine Ahnung. Schon möglich. Aber ich weiß nicht, ob Jeremys Freunde in solchen Kreise verkehren oder ob das üblich ist, so jemanden einzuladen. Aber Presse ist vielleicht da.“<br />„Das kann gut sein.“<br />„Lokale Sternchen würde ich mit Sicherheit gar nicht erkennen. Das ging mir schon früher so. Dafür sehe ich zu wenig britisches Fernsehen.“<br />„Ich sag dir Bescheid, wenn plötzlich DER britische Shootingstar neben dir auftaucht.“<br />„Danke.“ Wir mussten lachen. „Ah, da kommt Jeremy.“<br />Auch Jeremy hatte uns entdeckt.<br />„Hey Ladies! Ihr seht bezaubernd aus!“ begrüßte er uns und küsste uns auf die Wange.<br />„Habt ihr James schon gesehen?“<br />„Wir kennen ihn doch gar nicht!“<br />„Oh, das hab ich ja ganz vergessen. Dann sollten wir euch aber schnell bekannt machen. Wer weiß, vielleicht ist er morgen schon der neue Star am Fotografenhimmel.“<br />Jeremy sah sich um und hielt nach James Ausschau. Nebenbei begrüßte er hier und da ein paar der anderen Gäste. Ich war froh, nicht ganz allein hier zu sein, auch wir wenn zwei der Freunde, mit denen Jeremy gekommen war, bereits von unserem Picknick im Hyde Park kannten, fand ich es angenehmer mit Sam hier zu sein.<br />„James, darf ich dir Sady und Sam vorstellen?“ Neben Jeremy stand ein relativ kleiner, rothaariger Mann Ende dreißig. Die Geheimratsecken hatten sich bereits weit ausgebreitet, was er aber mit seinen kleinen Locken zu verdecken versuchte, aus seinen Augen blitze der Schalk. Ich mochte ihn auf Anhieb.<br />„Ah, die Lady, die Jeremy in einem Café aufgesammelt hat“, sagte er lächelnd.<br />„Genau die.“ James begrüßte mich als wären wir alte Bekannte.<br />„Und Sie, meine Dame?“ sagte er an Sam gewandt.<br />„Ich habe Sady in meiner Abstellkammer Asyl gewährt so lange sie hier in London weilt.“<br />„Ah, sehr freundlich von Ihnen!“ Das Eis war gebrochen. Wir stießen alle gemeinsam mit James auf die Vernissage an, bevor er zu den nächsten Gästen weiter zog.<br />Eine halbe Stunde später eröffnete James die Ausstellung mit einer Rede. Er erzählte, wie die Fotografie zu seiner Leidenschaft wurde, von den Reisen, die er mit seiner Kamera unternommen hatte, und ein paar Anekdoten zu einigen der Bilder, die hier ausgestellt waren. Dabei begrüßte er namentlich die ein oder anderen Gäste und verwies dann auf ein spezielles Bild. Es war schön zu sehen, wie gut die Bilder bereits jetzt ankamen. Nach der Rede wurden kleine Häppchen serviert und die Besucher verteilten sich in der Galerie um James’ Fotos anzusehen.<br />Ich stand vor einem Bild, das eine besondere Magie ausstrahlte. Es zeigte ein altes Ehepaar, das sich an den Händen hielt und herzlich lachte. Die Augen wurden von den vielen Falten beinah verschluckt. Sie strahlten so viel Zufriedenheit und Liebe aus, dass ich nicht wusste, ob ich mit ihnen lachen oder vor Rührung weinen sollte. Ich konnte mich kaum von dem Anblick dieser beiden Menschen, die schon so viel miteinander erlebt haben mussten, losreißen. Sie schienen sehr alt und sehr glücklich zu sein.<br />„Sarah und Joseph Parker“, James war neben mich getreten. „Sie leben im Dorf meiner Großeltern und waren schon alt als ich noch ein kleiner Junge war.“<br />„James, dieses Bild ist fantastisch! Ich habe das Gefühl, den beiden direkt gegenüber zu stehen und sie aus ihrem Leben erzählen zu hören. Von den Höhen und Tiefen, die sie gemeinsam erlebt haben. Die Liebe füreinander ist fast greifbar.“<br />James lächelte mich an. „Es freut mich, dass Ihnen das Bild gefällt.“<br />„Die Bilder sind alle toll. Wirklich! Es freut mich sehr, dass ich heute kommen durfte.“<br />„So reizende Gäste hat man gern.“<br />„Charmeur!“<br />„Sehen Sie sich nur weiter um, Sady, es gibt noch viele interessante Menschen zu entdecken.“ Wir blieben noch einen Moment bewundernd vor dem Bild stehen, bevor James sich zwei Paaren mittleren Alters zuwandte und ich zum nächsten Bild weiterging.<br />Eine halbe Stunde später strandete ich neben Sam vor einem großen Foto von einem kleinen Jungen, dem lachend eine dicke Träne über die Wange kullerte.<br />„Die Bilder sind wirklich beeindruckend. Es gibt nicht eins, bei dem ich mich nicht gefragt habe, was wohl die Geschichte dazu ist.“ Sam betrachtete den kleinen Jungen auf dem Foto. „Warum er wohl lacht, obwohl ihm die Tränen über das Gesicht laufen?“<br />„Ich habe keine Ahnung. Vielleicht hat er erst geweint und dann hat ihn jemand zum Lachen gebracht? Bei Kindern geht das ja schnell.“<br />„Mag sein. James sollte zu jedem Bild eine kleine Beschreibung machen. Oder einen Bildband herausbringen, wo zu jedem Foto die Geschichte erzählt wird. Das wäre sehr spannend, meinst du nicht?“ Sam sah mich fragend an.<br />„Die Idee mit dem Bildband finde ich gut. Solltest du ihm mal vorschlagen. Hier finde ich es ganz schön, dass man nur vermuten kann, was wohl der Anlass für das Foto war.“<br />Als wir zum nächsten Bild gingen, hielt Sam kurz inne.<br />„Ich hol mir noch ein Glas Prosecco. Magst du auch?“<br />„Ja, gern.“<br />Ich widmete mich wieder dem Bild. Diesmal stand ich vor einer jungen Frau, die abwesend ihren Blick in die Ferne schweifen ließ. Sie wirkte sowohl glücklich als auch traurig. Genau konnte man es nicht sagen. Während ich versuchte ihren Blick zu deuten, lauschte ich den Gesprächen um mich herum. Die einen sprachen über die Fotos, so wie Sam und ich eben, andere unterhielten sich über die Arbeit, Fotografie im Allgemeinen, erkundigten sich nach gemeinsamen Bekannten. Etwas ließ mich aufhorchen. Ich konnte mich nicht mehr auf das Foto vor mir konzentrieren. Ich drehte mich um und beobachtete die Menschen, die um mich herum standen. Es war ziemlich voll geworden im Laufe des Abends, doch nach und nach verließen die ersten wieder die Galerie. James verabschiedete an der Tür ein vornehm aussehendes Ehepaar. Seine Eltern möglicherweise. Irgendetwas hatte meine Aufmerksamkeit erregt, das ich noch nicht greifen konnte. Ich wusste nicht, wonach ich Ausschau halten sollte.<br />„Was ist denn mit dir los? Du guckst ganz komisch.“ Sam war mit zwei Gläsern Prosecco zurückgekehrt und folgte meinem Blick.<br />„Alles okay. Irgend etwas hat mich grad abgelenkt, aber ich weiß nicht genau was.“<br />Kaum dass ich den Satz ausgesprochen hatte, wusste ich, was mich abgelenkt hatte. Ganz in meiner Nähe sprach jemand, den ich kannte. Ich drehte mich um und sah, dass Jeremy am anderen Ende des Raumes in einer Gruppe stand und sich unterhielt. Er konnte es also nicht gewesen sein. Und wieder hörte ich die Stimme. Sie war ganz weich und samtig. Plötzlich traf es mich wie ein Schlag – das war die Stimme von meinem Anrufbeantworter! Das konnte nicht sein! Ich suchte mit Blicken den Raum ab, in der Hoffnung, herauszufinden, zu wem die Stimme gehörte.<br /></div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-32690283763160831272010-08-25T20:07:00.001+02:002010-08-25T20:08:29.066+02:00Chapter 28<div style="text-align: justify;">„Hey Sady, schade, dass ich dich nicht erreiche. Ich wollte fragen, ob du Freitagabend Lust hast mit zu einer Vernissage zu kommen? Ich bin mit ein paar Freunden dort eingeladen. James, ein guter Freund von mir, stellt zum ersten Mal seine Fotos aus und je mehr Leute kommen, desto besser. Vielleicht haben Paula und ihre Mitbewohnerin auch Zeit? Wie gesagt, wenn ihr möchtet, würde ich mich freuen, wenn ihr auch kommt. Bye, Jeremy.“ Ich hörte meine Voicemail ab und freute mich. Eine Vernissage – toll! Ich hatte zwar keine Ahnung zu welchem Thema dieser James Bilder gemacht hatte, aber egal. Ich hoffte sehr, dass Paula Zeit haben würde. Es wäre eine gute Möglichkeit für sie noch mehr Leute kennenzulernen.<br />Ich stellte die schweren Einkaufstüten auf dem Küchentisch ab. Zwei Zitronen kullerten heraus, ploppten auf den Stuhl und setzten ihren Weg auf dem Fußboden fort. Ich zog Jacke und Stiefel aus, schaltete Musik an und begann damit, den Kühlschrank zu füllen. Heute Abend wollte ich kochen. Paula und Sam hatten mich so lieb aufgenommen und mir ging es inzwischen so viel besser also noch vor 2 Wochen, dass ich mich heute Abend mit einem leckeren Curry revanchieren wollte. Paula würde erst gegen halb 10 aus dem Krankenhaus zurück sein, aber dann halbverhungert. Ich hatte ihr heute Morgen einen Zettel hingelegt, damit sie wusste, dass heute Abend ein leckeres Essen auf sie warten würde. Während ich die Lebensmittel hin und her räumte, wanderten meine Gedanken zurück zur Vernissage. Ich war noch nie auf einer richtigen Vernissage gewesen. Ausstellungen hatte ich bereits einige besucht, aber keine Vernissage. Musste frau sich da besonders hübsch machen? Wann genau ging es eigentlich los? Und wo war die Ausstellung? Ich griff zum Telefon und rief Jeremy zurück.<br />„Hey Jeremy! Wie geht es dir? Bist du gestern noch gut nach Hause gekommen?“<br />„Sady! Gut, danke. Ja, es war ja nicht mehr weit. Der Abend war wirklich schön.“<br />„Ja, das stimmt. Danke übrigens für die Einladung. Ich würde sehr gerne kommen. Die anderen frage ich, sobald sie zu Hause sind.“<br />„Das klingt gut! Es wird dir gefallen. James macht sehr tolle Fotos. Und dann groß auf Leinwand gezogen, ist das noch einmal ein ganz anderes Erlebnis.“<br />„Das glaube ich! Zu was für einem Thema hat er denn Fotos gemacht?“<br />„Er macht Fotos zu den verschiedensten Themen. Aber die Vernissage steht unter dem Thema Beziehungen – alte Ehepaare, Eltern und ihre Kinder, Freunde, Menschen mit ihren Haustieren … sowas.“<br />„Oh das klingt toll! Ich freu mich! Wo genau ist denn die Ausstellung? Und wann geht es los?“<br />„Das ist eine kleine Galerie in South Bank. Ich schick dir die genaue Adresse. Los geht es 20 Uhr mit einem kleinen Empfang. Danach kann man dann entspannt die Fotos bestaunen.“<br />„Ich geb dir Bescheid, wenn ich weiß, ob die anderen mitkommen.“<br />„Das ist gut, dann kann ich euch auf die Gästeliste setzen lassen.“<br />„Wow, es gibt eine Gästeliste!“ Ich war ehrlich beeindruckt.<br />„Ja, zur Vernissage kommen nur geladene Gäste.“<br />„Da fühle ich mich ganz geehrt!“<br />Jeremy lachte.<br />„Jeremy, ich will dich nicht länger von der Arbeit abhalten.“<br />„Ach, das tust du doch nicht.“<br />„Das sieht dein Chef sicher anders“, ich musste lachen. „Danke noch einmal für die Einladung.“<br />„Sehr gerne! Und dann bis spätestens Freitag!“<br />Ich saß im Wohnzimmer und überlegte, was ich nun als nächstes tun sollte. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es kurz nach halb vier war. Um mit dem Kochen zu beginnen war es noch zu früh. Ich sah aus dem Fenster hinaus auf die Straße. Die Sonne, die gerade hinter den dicken Wolken hervorlugte, ließ die regennassen Straßen golden glitzern. Spontan entschied ich, meine Laufsachen herauszukramen und eine Runde zu drehen. Ganz in der Nähe war ein kleiner Park, dort könnte ich mich ein bisschen austoben.<br />Schnell sprang ich in mein Zimmer, kramte in der Kommode ein T-Shirt und meine Laufhose raus, suchte im Flur nach meinen Laufschuhen, packte den iPod ein und los ging es. Mein Schweinehund hatte so schnell gar keine Chance vom Sofa aus zu protestieren.<br /><br />Eine Stunde später war ich wieder zurück. Die Luft war frisch und angenehm gewesen. Obwohl wir mitten in der Stadt waren, hatte ich in dem kleinen Park das Gefühl gehabt, richtig durchatmen zu können. Ich gönnte mir eine heiße Dusche und machte es mir danach vor dem Fernseher gemütlich. Sam kam kurz nach acht nach Hause und sah ziemlich kaputt aus.<br />„Hey Sam! Bei dir alles okay? Du siehst ganz schön fertig aus.“<br />„Hey … ja, geht so. Ich hatte heute einen sehr stressigen Tag. Mein Chef kann so ein Ekel sein!“<br />„Das kenne ich!! Los, ab in die heiße Wanne. Ich mache in der Zwischenzeit den Wein auf und fange an zu kochen. In eineinhalb Stunden dürfte Paula zu Hause sein, dann essen wir schön gemütlich zusammen.“<br />„Das klingt fantastisch! Josh kommt gegen 9 vorbei…“<br />„Den bekommen wir auch noch satt!“<br />„Das sagst du so!“ Sam lachte.<br />Während Sam im Bad verschwand, wickelte ich mich aus der kuschligen Decke und ging in die Küche. Ich holte den Weißwein aus dem Kühlschrank und stellte ihn zum Atmen auf den Küchentisch, wusch das Gemüse ab und begann mehrere Schüsseln mit Gemüse- und Geflügelstreifen zu füllen.<br />Ich war gerade auf der Suche nach einem großen Topf im Küchenschrank verschwunden, als Sam in einen flauschigen Bademantel gewickelt aus dem Bad kam.<br />„Kann man dir irgendwie helfen?“<br />„Ich suche einen großen Topf – mit Deckel wenn möglich.“<br />„Hmmm, lass mich mal überlegen. Der da hinten ist zu klein?“ Sam zeigte auf einen mittelgroßen schwarzen Topf, der ganz oben auf einem der Hängeschränke stand.<br />„Den hab ich total übersehen. Der ginge. Habt ihr einen noch größeren?“<br />„Warte mal, ich glaub in unserer Rumpelkammer … ähm, sorry, in deinem Zimmer müsste noch einer sein.“, Sam grinste. „Bin sofort zurück.“ Sam kam mit einem blank polierten großen Suppentopf zurück.<br />„Perfekt!“<br />Ich nahm Sam den Topf ab, warf Zwiebeln und Knoblauch hinein, dazu ein Schuss Olivenöl und das Brutzeln konnte beginnen. Wenig später, Sam berichtete mir gerade von ihrem Chef, der immer von allen erwartete, bester Laune zu sein und selbst nur missmutig durch die Flure stapfte und mit dem sie heute wegen einer Nichtigkeit aneinandergeraten war, klingelte es an der Tür. Sam sprang auf und ließ Josh herein. Ich hörte, wie sie sich küssten. Viele kleine Küsschen folgten einander und endeten in einem langen Kuss.<br />„Hey Baby. Alles wieder gut?“ flüsterte Josh im Flur.<br />„Ja, besser. Sady hat mir ein heißes Bad verordnet und füllt mich grad mit Wein ab.“<br />Die beiden kamen Arm in Arm in die Küche.<br />„Mmmmhhh … und kochen tut sie auch noch.“ Josh trat neben mich, um den Inhalt des Topfes zu inspizieren. „Wir sollten sie heimlich hier behalten, damit sie das öfter macht.“ Flüsterte er Sam laut zu. Ich grinste ihn an.<br />„Hallo Sady!“ sagte er an mich gewandt und küsste mich zur Begrüßung auf die Wange.<br />„Hallo Josh.“<br />„So ein Schleimer!“ lachte Sam. „Sady, lass dich nicht einlullen. Er will nur die größte Portion abstauben. Und wenn du nicht aufpasst, nascht er vorher schon immerzu aus dem Topf.<br />„Ey! Das stimmt ja gar nicht.“ Josh tat entrüstet und setzte seinen Dackelblick auf. „Sady, glaub ihr kein Wort!“<br />„Na, noch gibt es nicht viel zu Naschen. Und später gibt es dann was auf die Finger – ganz einfach.“<br />„Du bist ja streng!“<br />„Du willst doch nicht drei Frauen verhungern lassen, nur weil du aus dem Topf isst?!“<br />„Nein, das könnte ich ja nicht ertragen, wenn das passieren würde!“<br />Wir mussten lachen.<br />„So, bekomme ich wenigstens auch ein Glas Wein?“<br />„Wir haben auch Bier da“, sagte ich.<br />„Haben wir? Sam war überrascht.“<br />Josh grinste. „Ich sag ja, sperr sie ein! Dann kann sie nächste Woche nicht wieder wegfliegen.“<br />„Josh, ich höre jedes Wort!“ sagte ich lachend.<br />„Willst du nicht wirklich hier bleiben? Deinen Job willst du doch eh kündigen. Komm doch wieder her.“<br />„Darüber hab ich auch schon nachgedacht.“<br />„Und?“<br />„Ich weiß nicht … mir gefällt es in Hamburg. Klar, London ist eine sehr tolle Stadt und es würde mich reizen noch einmal für eine gewisse Zeit herzukommen. Aber … hmm … sagen wir mal so, die Entscheidung ist noch nicht gefallen.“<br />„Aber das heißt ja, es besteht die Möglichkeit, dass du zurückkommst.“ meinte Sam.<br />„Unter Umständen. Aber eins nach dem anderen. Ich muss ja auf jeden Fall zurück und in der Agentur kündigen. Dort bin ich noch bis Ende Februar. Bis dahin weiß ich dann auch, was ich machen werde.“<br />„Also du kannst jederzeit wieder zu uns kommen, Sady. Ganz ehrlich!“<br />„Zu Besuch auf jeden Fall, und alles andere werden wir sehen.“<br />„Darauf stoßen wir an!“ Josh hatte sich inzwischen ein Bier aus dem Kühlschrank genommen und Sam und mein Weinglas nachgefüllt.<br /><br /></div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-63389872876024967842010-08-19T19:54:00.001+02:002010-08-19T19:57:29.774+02:00Chapter 27<div align="justify">Als ich am Abend nach dem Treffen mit Jeremy nach Hause kam, war alles still. Die Wohnung war dunkel und gemütlich warm. Ich lauschte in die Stille hinein. Aus Sams Zimmer kam leise Musik und Stimmengemurmel. Ich schlüpfte aus meiner Jacke, zog die Stiefel aus und tapste in die Küche um mir einen Tee zu machen. Ich knipse die kleine Lampe an, ging zum Wasserkocher und stellte ihn an. Vom Regal über dem Küchentisch nahm ich die bauchige rote Tasse und legte einen Teebeutel hinein. Auf dem Tisch sah ich einen Zettel liegen. <em>Maja hat angerufen. Du sollst zurück rufen – egal wie spät. Ist aber nix Schlimmes :) Paula</em><br />Maja, wie ich sie vermisste! Gerne würde ich hier in London bleiben, aber der Abschied von Maja unerträglich.<br />Ich goss meinen Tee auf, holte das Telefon aus dem Flur und ging in mein Zimmer. Eigentlich war es eher eine Abstellkammer mit integriertem Arbeitsplatz. Paula und Sam bunkerten hier alle möglichen Utensilien, die im Rest der Wohnung keinen Platz fanden. Zudem stand hier auch das Gästebett. Trotz des Chaos fühlte ich mich wohl. Ich machte es mir mit meinem Tee auf dem Bett gemütlich und rief Maja an. Es klingelte. In Deutschland war es inzwischen nach ein Uhr nachts. Vielleicht hätte ich doch besser morgen Früh angerufen. Als ich schon auflegen wollte, hörte ich Majas verschlafene Stimme am anderen Ende.<br />„Hey Maja, sorry, ich wollte dich nicht wecken …“<br />„Sady! Kein Problem. Ich hab ja gesagt, du sollst auf jeden Fall noch anrufen. Wie geht es dir?“ Sie klang schon etwas munterer.<br />„Mir geht es gut. Ich war noch aus. Aber was ist denn los, dass ich dich hier mitten in der Nacht aus dem Bett klingeln soll?“<br />„Nichts schlimmes! Aber nächsten Mittwoch komme ich nach London und fliege Sonntagfrüh mit dir zusammen zurück!!“<br />Ich wusste überhaupt nicht was ich sagen sollte.<br />„Sady?“<br />„Ist das dein Ernst?“ Maja lachte.<br />„Natürlich ist das mein Ernst!“<br />„Aber was ist denn mit dem Lädchen?“<br />„Ich habe eine Aushilfe und meine Mutter wird auch den ganzen Tag da sein. Eigentlich war es sogar ihre Idee. Sie meinte, eine kleine Auszeit würde mir gut tun.“<br />„Ich glaub es ja nicht!! Wie toll!“ Ich war total aus dem Häuschen.<br />„Und ich dachte schon, du freust dich gar nicht.“ Ich hörte, dass Maja grinste.<br />„Mich nicht freuen? Na sag mal! Ich hol dich vom Flughafen ab. Wo übernachtest du denn dann? Auch hier bei Paula? Oder wollen wir uns zusammen für die paar Tage ein Hotel nehmen?“<br />„Oh, ich weiß gar nicht.“<br />„Ich bequatsch’ das mal mit Paula und sag dir dann Bescheid. Ist ja noch eine Woche Zeit bis du kommst. Oh, ich freu mich so!“<br />„Und ich mich erst! So, und jetzt erzählst du mal, wie dein Date war.“<br />„Was denn für ein Date?“<br />„Paula hat erzählt, du hättest heute Abend ein Date.“<br />„Ach so. Ich war mit Jeremy aus. Den hab ich letzte Woche in einem Café kennengelernt. Aber das war kein Date. Er ist echt nett, aber das war’s auch schon.“<br />„So, so … echt nett also.“<br />„Maja, hör auf damit! Paula macht mich irre deswegen!“<br />„Sie meinte, er würde echt gut aussehen und in einer Bank arbeiten. Hört sich doch nach einer guten Partie an.“<br />„Ja, das stimmt schon. Aber da ist einfach nicht mehr. Wirklich.“<br />„Nun gut“, Maja gähnte. „Ich gucke mir den nächste Woche mal an, dann werden wir weiter sehen. Jetzt muss ich aber wieder schlafen, sonst wird das morgen nichts im Lädchen.“<br />„Oh, ich hab total vergessen, wie spät es ist! Ab ins Bett mit dir und ich freu mich riesig auf nächste Woche!“<br />„Ich mich auch!“<br />Ich legte das Telefon beiseite und ließ mich in meine Kissen sinken. Was hatten alle nur mit Jeremy? Ja, er sah gut aus. Sehr gut sogar. Und ja, ich gebe zu, ich habe kurz darüber nachgedacht, ob er in Frage käme. Aber welche Frau tut das nicht, wenn sie Mr Right noch nicht getroffen hatte und dann einem tollen Mann begegnet. Ich genoss seine Gesellschaft sehr. Der Abend heute war wirklich schön. Wir können stundenlang reden, über die verschiedensten Themen. Aber mehr als ein guter Freund wird er wohl nicht werden. Da können sich Paula und Maja noch so bemühen, leider bestimmen wir nicht selbst, in wen wir uns verlieben und in wen nicht. Schade eigentlich. </div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-44351735333253379412010-08-12T20:26:00.001+02:002010-08-12T20:28:34.045+02:00Chapter 26<div align="justify">Die Woche plätscherte gemütlich dahin. Ich hatte das Wochenende, die neuen Bekanntschaften, die Stadt selbst sehr genossen. Langsam wuchs in mir der Wunsch, meinen Aufenthalt zu verlängern. Das ging natürlich nicht, mein Jahresurlaub war so gut wie aufgebraucht, ich musste zurück nach Hamburg, zurück in die Agentur. Es gab dort einiges zu klären. Allein der Gedanke daran deprimierte mich. Ich war mir inzwischen sicher, der Agentur den Rücken zu kehren. Es gab dort einfach kein Weiterkommen für mich. Jetzt da die Entscheidung gefallen war, wollte ich keine Zeit mehr verlieren. Ich würde die Kündigung so schnell wie möglich einreichen. Was bedeutete, dass ich bis Ende Februar wissen musste, wie es danach weitergehen sollte. In der Hinsicht war ich keinen Schritt weiter gekommen. Ich zögerte noch immer, mich an den Gedanken zu wagen, es ganz allein zu probieren. Ohne lästige Chefs. Ganz nach meinen Wünschen zu arbeiten. Die Alternative wäre, wieder in einer Agentur zu arbeiten.<br />Ich beschloss heute zu Hause zu bleiben, mich an Paulas Rechner zu setzen und die Jobbörsen zu durchforsten. Ich kochte mir einen heißen Tee, stöberte im Schrank leckere Muffins auf und machte mich auf die Suche nach meiner beruflichen Zukunft. Drei Stunden lang las ich Stellenanzeigen, Jobprofile, informierte mich über Agenturen, Agenten usw., usw. Nichts hatte mich wirklich angesprochen. Natürlich gab es einige sehr interessante Möglichkeiten. Die ein oder andere Agentur hätte mich noch vor zwei Jahren hibbelig hier auf dem Stuhl hin und her rutschen lassen. Aber leider heute nicht. Ich war frustriert. Es konnte doch nicht so schwer sein, sich für etwas Neues zu begeistern! Waren meine Ansprüche zu hoch? Waren diesen gerechtfertigt? Was waren eigentlich meine Ansprüche. Vielleicht lag es einfach nur daran, dass ich noch immer nicht wusste, was ich genau wollte.<br />Das Klingeln meines Telefons riss mich aus meinen Grübeleien. Verstimmt ging ich ran.<br />„Hi Sady, Jeremy hier. Du hörst dich ja nicht gut an. Störe ich?“<br />„Oh, hi Jeremy. Nein, ganz und gar nicht. Ich zerbreche mir gerade den Kopf über einen neuen Job und stecke irgendwie fest.“<br />„Klingt nicht gut. Dann passt es aber vielleicht ganz gut, ich wollte fragen, ob du heute Abend Lust hast mit mir Essen zu gehen?“<br />Ich zögerte. Ich war gerade total schlecht drauf, mir war nach einer heißen Wanne, einem Buch, Couch. Einfach einrollen und einigeln.<br />„Hmm … eigentlich hab ich Zeit.“<br />Jeremy lachte. „Du weißt grad nicht, ob du dich lieber unter der Couch verkriechen sollst oder es wagen kannst heute noch unter Leute zu gehen, richtig?“<br />Jetzt musste auch ich lachen. „Richtig.“<br />„Okay, dann verkriech dich bis heute Abend und dann gehen wir gemütlich etwas essen. Dann kannst du beides haben.“<br />„Haha!“ Er hatte es geschafft, dass meine Laune wieder besser wurde. „Ja, du hast recht. Dann lass uns heute Abend treffen.“<br />Wir verabredeten Ort und Zeit.<br />„Und falls es dir doch extrem gut unter der Couch gefällt, dann kannst du ja noch Bescheid geben, dass es heute Abend nichts wird. Vielleicht schicke ich dir dann Essen dort hin. Aber ich werde mich dort nicht dazugesellen.“<br />„Du bist aber verständnisvoll!“<br />„So bin ich. Bis später!“<br /><br />Nach einem gemütlichen Nachmittag hatte ich mich für das Treffen mit Jeremy fertig gemacht. Wir waren an der U-Bahn Leicester Square verabredet. In Soho gab es einige sehr nette Restaurants und Jeremy hatte dort eines vorgeschlagen.<br />Als ich aus der U-Bahn-Station kam, schlug mir kalte, feuchte Luft entgegen. Zu Beginn der Woche hatte das Wetter umgeschlagen. Der Herbst zeigte sich nun von seiner ungemütlichen Seite. Ich schlug den Kragen meiner Jacke hoch und verkroch mich so gut es ging hinter meinem Schal. Ich war so damit beschäftigt, die Menschen zu beobachten, die geschäftig die Straße hoch und runter hasteten, den Kopf zwischen den Schultern, dass ich gar nicht gemerkt hatte, dass Jeremy neben mir stand. Ich erschrak als ich zur Seite blickte und ihn neben mir entdeckte. Er lächelte mich an.<br />„Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken. Du warst aber weit weg mit deinen Gedanken.“<br />„Wie lange stehst du denn schon hier?“<br />„Ein paar Minuten.“<br />„Und lässt mich hier frieren!“ Wir begrüßten uns lachend.<br />„Na dann lass uns mal ins Warme gehen. Ich will ja nicht Schuld sein, wenn du dich erkältest.“<br />Ich hakte mich bei Jeremy unter und ließ mich durch das belebte Soho führen. Plötzlich blieben wir vor einem modernen Lokal stehen. Es war eine Mischung aus Bar und Restaurant, wirkte modern aber durch das gedämpfte Licht sehr gemütlich. Wir traten ein und wurden von wohliger Wärme empfangen. Wir suchten uns einen Tisch in Fensternähe.<br />„Wow, sehr chic hier.“<br />„Gefällt es dir? Ich bin sehr gerne hier. Die Bar gehört einem Freund von mir.“<br />„Es gefällt mir sehr gut! Nicht zu modern aber doch stylisch. Und natürlich sehr zentral gelegen. Wenn jetzt noch das Essen lecker ist, dann ist es perfekt.“<br />„Dann sollten wir gleich etwas bestellen, damit du dich davon überzeugen kannst.“<br />Die Speisekarte war klein aber fein. Wir entschieden uns für einen Antipasti-Teller als Vorspeise, üppigen Salat und danach eine Käseplatte und Oliven. So klein die Auswahl an Speisen war, so groß die an Weinen.<br />„Jeremy, ich hab keine Ahnung, was für Wein ich nehmen soll. Kennst du dich damit besser aus?“<br />„Sag du die Farbe, ich suche dann etwas raus.“<br />„Rot wäre gut, gerne halbtrocken und fruchtig.“<br />Jeremy lachte. „Ah ja, aber genaue Vorstellungen hast du.“<br />„Natürlich. Aber wenn du mir jetzt mit Anbaugebieten, Rebsorten und solchem Zeug kommst, dann muss ich leider passen. Ich merke mir dann, wie der Wein hieß, wenn er lecker war und das muss dann reichen.“<br />„Klingt vernünftig.“<br />Jeremy bestellte einen libyschen Wein und er traf genau meinen Geschmack.<br />„Wow. Da hat man ja das Gefühl, man hat die Trauben selbst im Mund!“ Ich war wirklich begeistert.<br />„Puh, da hab ich ja Glück gehabt und den richtigen ausgesucht.“<br />Auch das Essen war ausgesprochen köstlich. In diesem Lokal war ich mit Sicherheit nicht das letzte Mal gewesen. Ich musste es unbedingt Paula empfehlen.<br />„Bist du denn mit dem Grübeln heute vorangekommen?“<br />„Ich hab es dann aufgegeben, nachdem du angerufen hattest. Irgendwie komme ich da momentan keinen Schritt weiter.“<br />„Was bereitet dir denn solches Kopfzerbrechen?“<br />„Ich weiß auch nicht. Dass ich in der jetzigen Agentur nicht bleiben werde, tja, die Entscheidung ist gefallen. Ich muss mir jetzt also klar werden, was ich ab März machen möchte. Aber ich weiß es einfach nicht. Ich habe heute nach Jobs gesucht, in anderen Agenturen und Unternehmen. Da waren einige spannende Sachen dabei, aber irgendwie hat mich nichts davon so richtig vom Hocker gerissen.“<br />„Du hast letzte Woche erzählt, dass du darüber nachdenkst, dich selbständig zu machen. Wäre doch jetzt ein passender Zeitpunkt, oder?“<br />„Eigentlich schon. Aber ich weiß nicht. Es ist auch mit einigen Risiken verbunden. Und so ganz sicher bin ich mir auch nicht, in welche Richtung es dann gehen sollte.“<br />„Okay, die Grundidee müsstest du schon haben. Dann kannst du auch das Risiko besser kalkulieren. Solche Ideen kann man nur realistisch betrachten, wenn man sich Hilfe sucht bei jemandem der dir genau erklärt, welche Kosten auf dich zukommen, welche Unterstützung und Förderung es gibt und natürlich wie realistisch dein Vorhaben ist in Hinsicht auf Erfolg.“<br />Ich seufzte. „Ich weiß. Aber ohne ein fundiertes Konzept kann mir da auch keiner zu diesen ganzen Sachen Auskunft geben.“<br />„Das stimmt allerdings. Hast du denn so gar keine Idee? Wie kommst du denn dann überhaupt darauf, dich selbständig zu machen?“<br />„Es gibt drei, vier verschiedene Hobbies beziehungsweise meine jetzige Arbeit. Aber nichts davon würde ausreichen, um mir allein den Lebensunterhalt zu sichern. Zumindest nicht zu Anfang.“<br />„Und die lassen sich nicht miteinander kombinieren? Das ist ja das Schöne am freien Arbeiten, dass du verschiedene Dinge miteinander kombinieren kannst.“<br />„Aber die haben alle so gar nichts miteinander zu tun.“<br />„Na und?! Dann betrachte es einfach wie zwei verschiedene Halbtagsjobs. Ist doch toll, sofern sich das zeitlich entsprechend aufteilen lässt.“<br />„So hab ich das noch gar nicht gesehen.“<br />„Was sind das denn für Ideen?“<br />„Auf der einen Seite würde ich schon gerne in meiner jetzigen Branche weiter arbeiten. Also Autoren betreuen und alles was da so dazu gehört. Andererseits habe ich total viel Spaß daran meine Wohnung neu einzurichten, mit Farbe zu experimentieren, mit Schrift, Kissen, Dekoelementen. Viele Freunde haben sich dabei schon von mir beraten lassen und waren überrascht, was sich mit wenigen Mitteln bereits verändern lässt. Letzten Winter habe ich dann angefangen zu nähen und finde es total toll, Kissen, Vorhänge und solche Sachen passend zu anderen Wohnelementen zu nähen.“<br />„Das klingt doch ganz gut. Vielleicht ließe sich neben der Hauptarbeit als Lektorin noch Inneneinrichtung im weitesten Sinne einbinden. Das Ganze muss ja auch nicht 50/50 sein. Und wenn du nur anbietest, dass du Farbkonzepte entwirfst und möglicherweise die passenden Kissen, etc. dazu kreierst. Was meinst du?“<br />„Das klingt gut. Darüber werde ich mir mal noch ein paar Gedanken machen.“ Jeremy schenkte uns Wein nach.<br />„Danke Jeremy! Also nicht für den Wein. Danke, dass du dir das anhörst und dir solche Gedanken machst. Wir kennen uns eigentlich kaum und ich lade meine Sorgen bei dir ab, ich –“<br />„Sady, du lädst deine Sorgen nicht bei mir ab. Ich habe danach gefragt. Und wenn ich dir helfen kann, dann ist das doch gut. Du bist schließlich hierher gekommen, um dir klar zu werden, wie es weiter gehen soll. Hilfe ist dabei doch nicht verboten, oder?“<br />„Nein, natürlich nicht, nur …“ Jeremy nahm meine Hand.<br />„Bei manchen Menschen ist es egal, wie lange sie sich kennen. Es war einfach der richtige Moment, in dem wir uns getroffen haben. Mach dir nicht so viele Gedanken darüber.“<br />„Vielleicht hast du recht.“<br />„So, und nun lass uns anstoßen. Es freut mich, dass wir uns getroffen haben.“<br />„Das freut mich auch.“<br />Jeremy hatte recht. Manchmal hatte man einfach Glück und lernte im richtigen Moment den richtigen Menschen kennen. Ich sollte das nicht in Frage stellen sondern einfach als glückliche Fügung hinnehmen. So etwas passierte schließlich nicht oft. </div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-65223731273432203832010-08-04T21:46:00.001+02:002010-08-06T18:12:36.144+02:00Chapter 25<div align="justify">Zum Glück waren in so großen Städten wie London auch sonntags einige Geschäfte geöffnet, so dass wir für das spontane Picknick unseren Teil einkaufen konnten. Sam und Josh waren auch mit von der Partie. Ich hatte Jeremy noch einmal angerufen und ihn gefragt, ob es okay wäre, wenn noch zwei weitere Leute mitkämen. Er lachte nur und war verwundert, ob das in Deutschland denn so eng gesehen würde. Selbstverständlich waren auch Sam und Josh herzlich willkommen.<br />Wir fuhren bis Marble Archway Station und schlenderten dann bei strahlendem Sonnenschein ein gutes Stück in den Hyde Park hinein. Überall waren Menschen mit Picknickdecken verteilt. Väter spielten mit ihren Kindern fangen, Freundinnen sonnten sich auf einer Decke, hier und da wurde Ball gespielt. Der Park war so weitläufig, dass selbst bei so vielen Besuchern für jeden ausreichend Platz war.<br />„Wie weit müssen wir denn noch?“ Vor lauter Menschenbeobachten hatte ich ganz vergessen nach Jeremy Ausschau zu halten.<br />„Oh, ähm. Ich hab keine Ahnung.“ Ich rief Jeremy an und wir telefonierten uns zusammen. Er war mit einer Gruppe von ca. 10 Leuten unterwegs. Wir stellten uns gegenseitig vor und schnell hatten sich unsere Grüppchen miteinander vermischt. Es war eine sehr entspannte Atmosphäre. Da alle mehr als genug Leckereien dabei hatten, artete das Picknick in ein Festmahl aus. Es dauerte nicht lange und wir Mädels lagen lachend und klönend auf den Decken, während die Männer Fußball spielten.<br />„Paula, am Liebsten würde ich hier bleiben.“ Paula lag neben mir auf der Decke und genoss die Sonne.<br />„Das glaub ich gerne. So könnte es jetzt ewig weitergehen.“<br />„Ich meine das ernst. Nicht nur weil wir heute so viel Spaß haben und nette Leute kennengelernt haben. Die Stadt ist einfach toll. Ich fühle mich hier wohl. Irgendwie ist es ganz anders als zu Hause.“ Paula sah mich nachdenklich an.<br />„Das ist bestimmt nur so, weil du dich zu Hause gerade nicht gut fühlst.“<br />„Das mag sein. Aber London hatte schon immer eine magische Anziehungskraft auf mich. Aber … du hast Heimweh, oder?“<br />Paula ließ sich wieder auf die Decke sinken.<br />„Irgendwie schon. Ich vermisse meine Freunde, das Vertraute. Hier ist alles fremd. Der Job, die Kollegen, die Stadt, die Kultur, die Sprache. Einfach alles. Total blöd, aber damit hatte ich nicht gerechnet.“<br />„Das ist ganz normal. Du bist das erste Mal länger von zu Hause weg. Da ist das am Anfang so. Sieh zu, dass du bald mal zu deiner Mama fliegst. Das tut gut, wenn du merkst, dass der Kontakt nicht weg ist und du theoretisch jederzeit zu ihr fliegen kannst.“<br />„Hmm. Meinst du? Ich wollte eigentlich erst Weihnachten nach Hause.“<br />„Schieb ein kurzes Wochenende ein. Du wirst sehen, der Abschied wird dir dann zwar extrem schwer fallen, aber hier wird es dann einfacher. Es dauert erfahrungsgemäß drei Monate, bis das schlimmste Heimweh vorbei ist.“<br />„Also bis Weihnachten ungefähr.“<br />„So in etwa. Warum guckst du nicht nach einem Flug. Vielleicht können wir zusammen zurück fliegen und du bleibst 2 Tage. Dann ist es auch nicht mehr lange bis Weihnachten. Also nur kurze Strecken zu überbrücken.“<br />„Oh man, gleich heule ich hier los. Das ist unglaublich! Ich bin Ende zwanzig und hab Heimweh!“ Sie musste lachen.<br />„Heimweh hat doch nichts mit dem Alter zu tun!“ Ich knuffte sie in die Seite. „Überleg es dir. Das hat nichts mit Kapitulation oder Versagen zu tun. Du musst dir das Leben nicht unnötig schwer machen.“<br />„Vielleicht hast du recht.“<br />„Und der erste Schritt ist getan. Wir haben heute viele neue Leute kennengelernt. Mit dem ein oder anderen kannst du dich bestimmt mal wieder treffen. Und der Rest geht dann von ganz allein. Wirst sehen. Schwuppdiwupp hast du viele neue Leute kennengelernt.“<br />Paula seufzte.<br />„Wie lange hast du denn den Job hier?“<br />„Der ist für zwei Jahre befristet. Am Anfang dachte ich - wie nur zwei Jahre? - und jetzt weiß ich nicht mal, wie ich es bis Weihnachten aushalten soll!“<br />„Ich versteh das sehr gut. Mir ging das am Anfang ähnlich. Also alles ganz normal. Als ich dann am Ende meines Jahres nach Deutschland zurück musste, konnte ich mich kaum trennen – und brauchte dann wieder drei Monate, um mich in Deutschland einzugewöhnen.“<br />„Was, echt jetzt?“ Paula sah mich entsetzt an.<br />„Ja, aber das ist anders als das was du jetzt erlebst. Alle erwarten, dass du noch die gleiche bist, aber das ist nicht so und alle finden es nervig, dass du nur noch von London erzählst. Aber das gehört nun mal zu deinem Leben dazu. Dort hast du die letzten Monate verbracht. Aber auch das überlebt man.“<br />„Das war mir nicht bewusst, als ich unbedingt hier her wollte.“<br />„Aber eigentlich gefällt dir doch die Stadt und die Mentalität, oder?“<br />„Ja, eigentlich schon. Meine Arbeit macht mir auch total viel Spaß. Die Kollegen sind nett. Es ist eben alles nur so anders.“<br />„Du schaffst das, ganz sicher!“<br />„Ich hoffe es.“<br />„Klar! Gefällt dir denn keiner von den Männern, die hier herumspringen?“<br />„Was? Wie kommst du denn jetzt darauf?“<br />„Wenn man jemanden kennenlernt, den man mag – ich rede jetzt im Speziellen von einem Mann – dann geht das Heimweh viel schneller vorbei. Glaub mir.“ Ich grinste sie an.<br />„Ist das jetzt die Retourkutsche, ja?“<br />„Na, was denkst du denn? Dass du hier einfach so davon kommst? Nein, ich meine das ernst. Niemand dabei?“<br />„Ich weiß nicht …“<br />„Okay, war auch nur so eine Idee …“<br />Wir verbrachten einen sehr schönen Nachmittag im Hyde Park. Das Picknick war sehr lecker und Paula ließ sich von ihrer kurzzeitigen Melancholie nicht unterkriegen.<br />Als am frühen Abend die Sonne immer tiefer sank und es langsam frisch wurde, räumten wir zusammen.<br />„Jeremy, vielen Dank für die Einladung. Ihr seid wirklich eine super Truppe.“<br />„Ich habe mich gefreut, dass ihr gekommen seid. Das müssen wir unbedingt wiederholen.“<br />„Sehr gerne.“<br />„Hast du Lust, dass wir uns nächste Woche auf einen Kaffee treffen?“<br />„Gerne. Ich hab ja nicht so wirklich was vor. Wir könnten uns wieder in dem Café treffen? Vielleicht in deiner Mittagspause?“<br />„Eine sehr gute Idee. Lass uns doch einfach Anfang der Woche noch einmal telefonieren.“<br />Wir verabschiedeten uns von allen und brachen auf. </div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-43363423064658406822010-08-04T21:43:00.003+02:002010-08-05T07:58:07.733+02:00Chapter 24<div align="justify">Nach dem gemütlichen Pubabend mit Paula bei einigen Glas Wein, war ich wie ein Stein ins Bett gefallen. Als ich am nächsten Morgen erwachte, war ich ausgeruht und total entspannt. Es war befreiend, festzustellen, dass die Entscheidung etwas Neues zu beginnen, bereits gefallen war – auch wenn ich mir dessen bis gestern nicht bewusst gewesen war. Jetzt konnte ich mich voll darauf konzentrieren, herauszufinden, was ich wirklich wollte. Bei Maja hatte ich gesehen, dass es machbar war, auf eigenen Beinen zu stehen, wenn auch nicht immer einfach. Blieb nur noch die Frage zu klären, was genau ich machen wollte. Aber dafür hatte ich noch genügend Zeit.<br />Ich kroch spät aus meinem Bett. In der Küche hörte ich Stimmen und Kaffeeduft schwebte durch die Wohnung.<br />„Guten Morgen! Hier riecht es aber lecker!“<br />„Hey Schlafmütze, na, gut geschlafen?“ Paula saß mit einer dampfenden Tasse Kaffee am Küchentisch und las in einer Zeitung.<br />„Wie ein Murmeltier. Und du? Bist du schon lange wach?“<br />„Seit einer Stunde ungefähr. Wenn ich die ganze Woche früh raus muss, ist mein Rhythmus noch nicht ganz angepasst. Das ist das erste Wochenende, das ich frei habe, seit ich hier in London bin! Ich weiß gar nicht so genau, was ich machen soll.“ Sie musste lachen. „Unglaublich, ich hab Freizeit! Aaahh!“<br />„Oh man! Ärztin zu sein scheint nicht gerade privatlebenfreundlich zu sein.“<br />„Na ja, hier ist es besser als in Deutschland. Aber viel ist es trotzdem.“<br />„Hauptsache du hast Spaß!“<br />„Das auf jeden Fall. Sag mal, wollen wir nicht etwas Schönes unternehmen? Was meinst du?“<br />„Klar, gerne. Hast du schon den Wetterbericht gehört? Nur damit wir wissen, ob wir draußen oder drinnen planen müssen.“<br />„Heute noch eher regnerisch zum Abend hin aber immer schöner. Morgen sonnig.“<br />„Dann lass uns morgen in irgendeinen Park fahren oder so etwas. Und heute … hmm, wir frühstücken jetzt erst einmal gemütlich und dann könnten wir nach <a href="http://www.camdenlock.net/camden.html">Camden</a> fahren und dort ein bisschen bummeln. Warst du dort schon?“<br />„Nein, aber hab schon einiges gehört.“<br />„Es ist toll dort. Sehr freakig, aber mir gefällt es total gut.“<br />„Dann lass uns dort heute hinfahren. Und wenn wir nicht total erledigt sind, gehen wir noch aus.“<br />„Gute Idee. Wo ist eigentlich Sam?“<br />„Die ist bei ihrem Freund Josh. Aber vielleicht mag sie ja heute Abend mitkommen. Wir werden sehen, wenn wir wieder zurück sind, ob sie dann wieder zu Hause ist. Ansonsten rufe ich sie mal an.“<br /><br />Wir verbrachten den Nachmittag beim ausgiebigen Bummeln auf den Camden Markets. Es gab dort viel zu bestaunen und zu stöbern. Natürlich konnte man auch diversen Nippes erstehen, so dass wir sehr viel Spaß hatten, beim aus- und anprobieren. Insbesondere die Schmuckläden und -stände hatten es uns angetan. Paula kaufte eine tolle Kette für ihre Mama, und Ohrringe für sich. Ich erstand ein tolles Tuch und passende Armreifen für Maja und für mich auch ein paar Ohrringe. Als wir eine Pause brauchten und Schutz vor dem einsetzenden Regen suchen mussten, gingen wir auf einen großen Kaffee zu <a href="http://www.starbucks.com/">Starbucks</a>.<br />„Boah, tun mir die Füße weh!“<br />„Frag mich mal! Aber es ist toll hier! Ich glaub, hier werde ich demnächst öfter stöbern.“<br />„Das glaub ich dir gern. Wenn man mal ein Geschenk braucht, findest du hier mit Sicherheit etwas Schönes.“<br />„Hast du denn vor diesen Jeremy anzurufen so lange du noch hier bist?“<br />„Wie kommst du denn jetzt auf den?“ Ich musste lachen.<br />„Ich weiß auch nicht, fiel mir grad so ein.“<br />„Hmm, ja, warum eigentlich nicht? Der war nett.“<br />„Ruf ihn doch an und frag, was er heute Abend macht. Vielleicht können wir was zusammen machen.“ Ich schaute sie überrascht an. „Also nur, wenn du nichts dagegen hast. Aber ich kenne hier ja auch noch so gut wie niemanden.“<br />„Stimmt. Warte, ich glaube, ich habe seine Karte dabei.“ Ich kramte in meiner Tasche nach meinem Portemonnaie und fand darin die Visitenkarte. Bevor ich lange darüber nachdachte, rief ich ihn an.<br />„You have reached the voicemail of Jeremy Collins. Please leave a message after the tone and I’ll get back to you as soon as I can. Thanks!”<br />“Hi Jeremy, Sady hier. Schade, dass ich dich nicht erreiche. Ich wollte ganz spontan fragen, ob du heute Abend schon etwas vor hast? Bestimmt. Hmm, falls nicht, meine Freundin Paula und ich werden wohl auf einen Wein in eine Bar gehen. Vielleicht Soho? Ähm, ja. Meld dich doch einfach. Bye, Sady.“ Ich legte auf. „War nur die Mailbox dran.“<br />„Na ja, vielleicht meldet er sich ja.“<br />„Ja, wir werden sehen.“<br />„War er eigentlich Single?“<br />Ich zuckte mit den Schultern. „Ich hab keine Ahnung. Um ehrlich zu sein, haben wir darüber gar nicht gesprochen. Er hat aber auch niemanden erwähnt.“<br />Paula grinste verschmitzt. „Na, doch interessiert?“<br />„Paula, wirklich jetzt! Wenn du nicht ständig nachfragen würdest, hätte ich mir darüber noch gar keine Gedanken gemacht!“<br />„Sorry“, gluckste sie, „ich finde das nur etwas ungewöhnlich, dass du kaum eine Woche hier bist und schon spricht dich jemand an und ihr plaudert zwei Stunden über alles mögliche.“<br />„Ach, das ist hier total normal. Ich hab es bisher noch nie in London erlebt, dass ich abends ausgegangen bin und hab niemand neues kennengelernt. Irgendwie ticken die hier anders.“<br />„Echt? Wird wirklich Zeit, dass ich nicht nur Londons Gesundheitswesen kennenlerne.“<br />„Sieht ganz so aus!“<br />„Wollen wir los? Dann können wir noch gemütlich zu Hause essen und unsere Füße pflegen und dann mal sehen, was der Abend so bringt.“<br />„Gute Idee!“<br /><br />Auf dem Heimweg gerieten wir in einen ordentlichen Regenguss, bei dem selbst kein Schirm mehr half. Patschnass kamen wir in Paulas Wohnung an.<br />„So, nachdem das Londoner Wetter jedem Klischee gerecht geworden ist, würde ich ein heißes Bad vorschlagen.“ Paula ließ ihre tropfende Jacke in der Küche fallen. „Vorschlag, ich nehme schnell ein Bad, dann kannst du ins Bad und ich koche in der Zwischenzeit etwas leckeres für uns.“<br />„Klingt super! Dann seh ich mal zu, dass ich die nassen Sachen in die Maschine stecke.“<br />„Super, bin in ca. ner halben Stunde wieder da.“<br />„Lass dir Zeit!“<br />Ich kuschelte mich in einen flauschigen Bademantel und machte es mir auf der Couch gemütlich, zappte durch die Kanäle und blieb bei <a href="http://www.bbc.co.uk/eastenders/">East Enders</a> hängen. Wie lange hatte ich das nicht gesehen! Ich war zwar so gar nicht mehr auf dem Laufenden, aber dennoch blieb ich dabei. Am Ende waren alle Soaps gleich. Vierzig Minuten später kam Paula mit rosigen Wangen aus dem Bad.<br />„Das war eine Wohltat!“ Sie ließ sich neben mich auf das Sofa plumpsen. „Was guckst du dir denn da an?“ Der Spott in ihrer Stimme war nicht zu überhören.<br />„East Enders. Lach nicht! Das ist <a href="http://gzsz.rtl.de/">Gute Zeiten Schlechte Zeiten</a> auf Englisch.“<br />„Na dann! Los, ab mit dir ins Bad. Ein heißes Bad ist jetzt genau das richtige. Wenn du wieder raus kommst, gibt es was zu essen.“<br />„Das klingt super!“<br /><br />Als ich gut durchgewärmt aus dem Bad kam, war auch Sam wieder zu Hause.<br />„Hey Sam! Schön, dass du da bist!“<br />„Sady! Und wie ich sehe, genau zur richtigen Zeit – pünktlich wenn das Essen auf dem Tisch steht.“<br />„Tja, das nenne ich Timing!“<br />Während des Essens sprachen wir über die weitere Abendplanung. Sam wollte einen gemütlichen Abend zu Hause machen. Ihr Freund Josh war mit Freunden unterwegs, aber ihr war mehr nach einem DVD-Abend.<br />„Um ehrlich zu sein, klingt das ganz verlockend“, sagte ich. „Jetzt so nach dem heißen Bad und dem leckeren Essen muss ich auch nicht unbedingt noch einmal raus.“<br />„Geht mir ähnlich“, stimmte Paula zu. „Hat sich denn Jeremy noch gemeldet? Wäre ja blöd, wenn wir jetzt keine Lust haben …“<br />„Oh, den hab ich total vergessen!“<br />„Sady!“ Paula lachte empört. „Du scheinst ja wirklich nicht interessiert zu sein.“<br />„Meine Güte, das sag ich doch die ganze Zeit!“ Ich war aufgesprungen und suchte mein Telefon. Der Akku war leer und das Telefon aus.<br />„Mist. Mein Akku ist leer.“<br />„Dann stöpsel es ein und sieh nach, ob du eine Nachricht hast.“<br />Ich holte das Ladekabel aus meinem Koffer, verband mein Telefon und schaltete es ein. Sofort erschien die Nachricht, dass ich eine Voicemail hatte.<br />„Hi Sady! Das ist ja eine Überraschung. Schön, dass du anrufst, aber heute Abend ist ungünstig. Wie wäre es mit morgen? Ich bin mit Freunden im <a href="http://www.royalparks.org.uk/parks/hyde_park/">Hyde Park</a> verabredet. Es soll ja schönes Wetter werden. Wenn ihr Lust habt, dann kommt doch einfach dazu. Wir treffen uns so gegen eins zum Picknick. Ruf an, wenn ihr kommen wollt, dann erkläre ich dir, wo genau wir zu finden sind. Macht euch einen schönen Abend! Bye, Jeremy.“<br />„Er hat für heute abgesagt, uns aber morgen 13 Uhr zum Picknick in den Hyde Park eingeladen.“<br />„Echt?“ Paula war total überrascht. „Das glaub ich jetzt nicht! Du bist hier 5 Tage und wirst sofort irgendwo eingeladen. Ich bin hier seit 5 Wochen und hab noch niemanden kennengelernt!“ Paula war ehrlich entrüstet.<br />„Na aber!“ mischte Sam sich ein. „Das stimmt so ja nun auch nicht. Du arbeitest einfach zu viel!“<br />„Außerdem sind WIR eingeladen. Also bitte!“<br />„Stimmt. Und? Gehen wir hin?“<br />„Was für eine Frage! Na klar. Der Hyde Park ist toll.“<br />Ich rief Jeremy zurück und sagte zu. Danach fuhr Sam in eine Videothek und lieh drei Filme aus. Wir machten es uns im Wohnzimmer gemütlich und guckten die halbe Nacht Filme. </div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-90777294917989612532010-08-04T11:57:00.002+02:002010-08-04T12:02:21.008+02:00Chapter 23<div align="justify">Ich hatte beschlossen, die erste Woche ausschließlich Urlaub zu machen und mir verboten, auch nur einen Gedanken an die Agentur zu verschwenden. Während Paula lange Dienste im Krankenhaus schob und danach halbtot ins Bett fiel, entdeckte ich die Stadt für mich neu. Ich schlenderte durch die vielen kleinen Läden in <a href="http://www.covent-garden.co.uk/">Covent Garden</a>, erkundete, was in den Seitenstraßen Richtung Leicester Square an Geschäften neu hinzugekommen war. Spazierte stundenlang mit einem Coffee to go an der Themse entlang, stöberte durch Buchläden, beobachtete Leute.<br />Gegen Ende der Woche merkte ich, wie langsam eine Last von mir abfiel. Ich hatte das Gefühl, wieder Luft zu bekommen, freier denken zu können. London gefiel mir nach wie vor sehr gut. Ich erinnerte mich, wie ich bereits vor 8 Jahren darüber nachgedacht hatte, noch einmal hierher zu kommen, für länger. Hier zu wohnen, zu arbeiten. Vielleicht für zwei, drei Jahre. Ich fühlte mich wohl, mochte die Menschen, das Pulsieren der Stadt.<br />Als ich am Freitag aufstand regnete es. Ich kochte mir einen starken Tee, goss Milch dazu und wartete darauf, dass mein Toast goldgelb wieder aus dem antiken Gerät, das in der Küche stand, zum Vorschein kam. Kurz vor elf machte ich mich auf dem Weg zur <a href="http://www.nationalgallery.org.uk/">National Gallery</a>. Ich mochte dieses Museum sehr gerne und es gehörte zu jedem Londonbesuch dazu, dort einmal hineinzuschauen. Auch wenn ich manches Mal nur eine Stunde Zeit dafür hatte, kurz zwischen den Gemälden bekannter Maler zu wandeln, das Chaos der Stadt draußen lassen und wieder runter kommen. Das Wetter war heute perfekt dafür.<br /><br />Als ich gegen vier so langsam Hunger verspürte, holte ich meine Tasche an der Garderobe ab und verließ das Museum. Der Himmel war nicht mehr ganz so grau und hier und da blitzte die Oktobersonne durch die Wolken. Ich machte mich auf die Suche nach einem kleinen Café. Am Abend war ich mit Paula zum Essen verabredet. Wir hatten nicht viel von einander gesehen die letzten Tage und ich hatte den Eindruck, dass Paula sich Sorgen machte. Ich hatte bisher nicht viel von der Situation in der Agentur erzählt. Die zwei Abende, die wir bisher ausgiebig geklönt hatten, habe ich sie über ihren neuen Job ausgefragt und ihr von meinen Londoner Lieblingsplätzen und der Zeit hier vor 8 Jahren berichtet. Vermutlich dachte sie, ich würde jetzt bei der vielen Zeit allein ganz trübsinnig werden. Zum Glück hatte London seinen Charme versprüht und mich ganz darin eingepackt, so dass es mir tatsächlich wesentlich besser ging.<br />Ich kam an einem Café vorbei, das einen direkten Blick auf die Themse hatte. Es war noch ein Tisch in der Sonne frei, die inzwischen von einem strahlend blauen Himmel lachte. Es überraschte mich immer wieder, wie schnell hier doch das Wetter umschlug. Ich setzte mich und bestellte einen Latte Macchiato und dazu Scones mit clotted cream und strawberry jam. Wie ich das liebte! Ich holte ein Buch, das ich gestern bei <a href="http://www.waterstones.com/waterstonesweb/">Waterstones</a> gekauft hatte, aus der Tasche und genoss die warme Herbstsonne.<br />„Entschuldigung, stört es Sie, wenn ich mich dazu setze?“ Ich blickte auf. Vor mir stand ein gutaussehender Mann Mitte dreißig. Er trug Anzug, wie fast alle hier in der Gegend.<br />„Nein, ganz und gar nicht.“<br />„Vielen Dank. Ich möchte Sie auch gar nicht stören, Sie haben nur den schönsten Sonnenplatz erwischt.“ Er lächelte mich an.<br />„Das stimmt. Das muss man genießen, so lange sie noch scheint.“<br />Die Bedienung brachte meinen Kaffee und der Herr bestellte ebenfalls einen.<br />„Sind Sie von hier?“<br />„Nein, ich bin nur zu Besuch, aber ich habe bereits längere Zeit hier gewohnt. Ich liebe London.“<br />Er musste lachen. „Das hört man oft. Sind Sie beruflich hier?“<br />„Nein, eigentlich nicht. … Aber wer weiß, was sich ergibt.“<br />„Ah, ich verstehe. Auf der Suche nach einer Veränderung?“<br />„Ja, irgendwie schon. Und Sie, arbeiten Sie hier?“<br />„Ja, ich arbeite in einer Bank hier in der Nähe. Ich komme öfter hier her auf einen Kaffee. Und da gerade die Sonne so schön schien …“<br />Die Bedienung brachte den zweiten Kaffee.<br />„Entschuldigen Sie, wie unhöflich! Ich quetsche Sie hier aus und habe mich noch gar nicht vorgestellt! Ich bin Jeremy.“<br />„Hi Jeremy. Ich bin Sady.“ Wir mussten lachen.<br />„Freut mich, Sie kennenzulernen, Sady.“<br />Wir plauderten eine Weile ganz allgemein über London, die Leute hier, bis wir wieder zum Grund meines Londonbesuchs kamen.<br />„Und jetzt bist du wieder hier, in London. Und machst Urlaub?“<br />„Ja, so in etwa. Die letzten Wochen waren sehr chaotisch und ich glaube, die meine Tage in der Agentur sind gezählt. Nicht dass ich mit einer Kündigung rechnen muss, aber irgendwie stecke ich fest. Ich denke nicht, dass ich dort bleiben möchte.“ Ich war selbst etwas überrascht, dass sich der Gedanke so formiert hatte. Eigentlich stand es jetzt fest. Ich wollte etwas anderes, einen neuen Weg einschlagen. Aber wohin sollte der mich führen?<br />„Und jetzt lässt du dir hier frischen Wind um die Nase wehen und überlegst, was du machen willst?“<br />„So in etwa, ja.“<br />„Und, schon eine Idee in welche Richtung es gehen soll? Willst du dir eine neue Agentur suchen?“<br />„Ich habe keine Ahnung. Ganz ehrlich! Ich weiß es einfach nicht. Das wäre natürlich der einfachste Weg, mir einfach einen neuen Job in einer anderen Agentur suchen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das will. Ich hatte mal überlegt, mich selbständig zu machen. Aber ich weiß nicht so recht.“<br />„Mit einer eigenen Agentur?“<br />„Nein, eher nicht. Ich hatte mal darüber nachgedacht, in die kreative Richtung zu gehen. Inneneinrichtung im weitesten Sinne. Hilfe für jedermann, wenn man ein Zimmer aufpeppen will, aber nur einen kleinen Geldbeutel hat. Mit Farbe, neuen Stoffen, neuer Dekoration. Sowas in der Richtung.“<br />„Hört sich interessant an. Die Grundidee ist doch ganz gut. Du müsstest die Idee natürlich verdichten und dir überlegen, ob das wirklich etwas ist, mit dem du den ganzen Tag verbringen möchtest.“<br />„So genau hab ich mir darüber bisher noch keine Gedanken gemacht.“<br />„Aber dafür bist du ja jetzt hier. Lass dich inspirieren. Und wenn du am Ende die Idee verwirfst, bist du ja auch einen Schritt weiter.“<br />„Stimmt. So hab ich das noch gar nicht gesehen.“ Ich lächelte ihn an. „Unglaublich, dass ich dir das alles erzähle! Ich meine, wir kennen uns überhaupt nicht! Ich will dich damit nicht langweilen.“<br />„Oh entschuldige! Ich wollte auch gar nicht so neugierig sein.“ Wie konnte ich nur vergessen, dass Engländer sich so oft entschuldigen? Ich musste lachen.<br />„Hey, keine Sorge. War ja nichts Geheimes oder so.“<br />Ich blickte auf die Uhr. Es war bereits nach sechs.<br />„Oh, ich muss los! Wir haben uns ganz schön verquatscht!“<br />„Oh, allerdings. Ich hoffe, ich habe dich nicht aufgehalten?“<br />„Nein, aber ich bin mit einer Freundin verabredet und da sollte ich mich jetzt auf den Weg machen. Hier dauert es ja bekanntlich etwas länger um von A nach B zu kommen.“<br />„Das stimmt. Sady, es war sehr nett mit dir hier in der Sonne zu sitzen … auch wenn die sich inzwischen hinter dicken Regenwolken verkrochen hat. Ich würde mich freuen, wenn wir uns mal wieder auf einen Kaffee treffen.“<br />„Sehr gerne. Ich bin ja noch zwei Wochen hier.“<br />Jeremy gab mir seine Visitenkarte.<br />„Da steht alles drauf was du wissen musst. Melde dich einfach, wenn es dir passt.“<br />„Das mach ich!“<br />Wir gingen noch gemeinsam zur U-Bahn und verabschiedeten uns. Ich war immer wieder überrascht, wie schnell man hier doch Leute kennenlernte. So etwas war mir in Deutschland noch nie passiert. Vielleicht lag es aber auch an mir. Im Ausland war ich selbst auch offener als in der Alltagshektik zu Hause.<br /><br />Als ich bei Paula ankam, war sie bereits von ihrer Schicht zurück.<br />„Hey, da bist du ja! Na, einen schönen Tag gehabt?“<br />„Ja, auf jeden Fall. Und du? Du siehst ganz schön fertig aus.“<br />„Das bin ich auch. Aber ich sterbe vor Hunger. Wollen wir gleich los? Ich in der Nähe ist ein netter Pub. Da kann man total lecker essen.“<br />„Dann müssen wir da jetzt sofort hin. Ich hab auch riesigen Hunger.“<br />„Super, dann kannst du auch von deiner Woche berichten. Tut mir leid, dass ich so wenig Zeit habe.“<br />„Aber das ist doch kein Problem! Das wusste ich ja vorher.“<br />Wir zogen unsere Jacken an, nahmen einen großen Schirm mit – es hatte inzwischen wieder zu regnen begonnen – und machten uns auf den Weg Richtung Pub.<br />Dort angekommen war es wirklich gemütlich. Es war fast wie in einem alten Wohnzimmer. Überall standen gemütliche Sofas und Sessel, an den Wänden hingen Bilder mit Jagdszenen und im Kamin prasselte ein künstliches Feuer. Selbst der Boden war mit einem alten großen Teppich bedeckt.<br />Wir bestellten deftiges Essen und dazu ein Glas Rotwein.<br />„Was hast du denn heute so gemacht? Das Wetter war ja nicht so toll.“<br />„Erst war ich in der National Gallery und danach noch in einem netten Café an der Themse.“<br />„Oh, du bist ein Museumsgänger?“<br />„Na ja, eigentlich nicht so unbedingt. Aber die National Gallery hat es mir angetan. Ich geh da gerne rein. Manchmal sitze ich da auch einfach nur in einem großen Raum mit tollen Bildern und beobachte die Leute. Zum Glück kostet der Eintritt nichts, dann kann man das ja öfter tun.“<br />„Das stimmt. Die Zeit hatte ich noch gar nicht, mir so etwas anzusehen. Aber es ist vermerkt, National Gallery ist sehenswert.“<br />„Unbedingt. Und in dem Café hab ich einen netten Mann kennengelernt – Jeremy Collins, Banker, Mitte dreißig.“<br />Paula grinste.<br />„Ach?! Und? Seht ihr euch wieder?“<br />Ich grinste zurück.<br />„Ich denke schon. Aber eigentlich hab ich in der Richtung momentan gar kein Interesse. Das war die letzten Wochen alles turbulent genug. Aber nett war er, das muss ich ja zugeben.“<br />„Und sah er gut aus?“<br />„Du nun wieder! Aber ja, er war nicht unattraktiv.“<br />„Du hast ja noch zwei Wochen hier. Mal sehen, was draus wird.“<br />Ich gab ihr einen Klaps aufs Bein.<br />„Hör auf! Da wird gar nichts draus! Er war einfach nur nett. Ok?! NETT.“<br />„Ja, ist ja schon gut“, Paula lachte, „Ich hab’s verstanden.“ </div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-31839507355998701552010-08-01T13:10:00.001+02:002010-08-01T13:10:28.810+02:00Chapter 22<div align="justify">Als ich in Heathrow ankam, freute ich mich nicht wie sonst, auf diese tolle Stadt. Ich war nicht hier, um durch die verschiedensten Stadtviertel zu schlendern, neue Klamotten zu shoppen, Sehenswürdigkeiten anzusehen. Ich wollte mir klar werden, wie es weitergehen sollte. Wollte ich in der Agentur bleiben? Wenn ja, wie konnte ich etwas an der jetzigen Situation ändern? Oder sollte ich es wagen und einen ganz anderen Weg einschlagen, kündigen und ganz neu anfangen? Aber was sollte ich dann tun? Ich hatte zwar Hundert verschiedene Ideen, aber keine war wirklich geeignet, mir meinen Lebensunterhalt zu finanzieren.<br />Ich seufzte. Nun gut, ich musste diese Entscheidung ja nicht gleich hier am Flughafen treffen. Vor mir lagen drei Wochen, drei entscheidende Wochen.<br />Ich sah meinen Koffer auf dem Gepäckband auf mich zu kommen, schnappte ihn mir und begab mich nach draußen. Paula hatte mir kurz vor meinem Abflug eine Nachricht geschickt, dass sie mich doch würde abholen können. Es wäre kein Problem gewesen, mich zu ihrer Wohnung zu finden, aber ich freute mich dennoch, in Empfang genommen zu werden.<br /><br />Das Wochenende war ein sehr ruhiger Start in meinen Londonausflug. Nachdem wir meine Sachen in Paulas Wohnung abgeladen, ihre Mitbewohnerin Sam uns einen starken schwarzen Tee mit Milch gekocht und wir so einige Stunden auf der gemütlichen Couch zugebracht hatten, machten wir uns gegen Abend auf den Weg nach Soho. Ich war früher gern in diesem Stadtviertel unterwegs gewesen. Damals war es gerade erst dabei sich zu einem In-Viertel zu mausern. Heute war es Hauptsächlich ein Gay-Viertel. Aber die vielen Bars waren noch immer toll und voll mit aufregenden Menschen. Eigentlich war mir überhaupt nicht nach Menschenmassen zumute, aber Paula duldete keinen Widerspruch. Wir aßen in einem kleinen chinesischen Lokal ein leckeres Reisgericht und ließen den Abend in einer dunklen Bar ausklingen. Am Sonntag überraschte mich Paula mit einem leckeren Frühstück – „Das braucht deine Seele jetzt!“ war der Kommentar der Ärztin. Wir schlemmten ordentlich bei Eiern, Speck, schwarzem Tee, ja sogar Trifle stand auf dem Tisch. Ja, Paula hatte recht. Das war genau, was ich jetzt brauchte. Abstand von allem, die liebgewonnene Londoner Kultur genießen und abwarten, was die Zeit bringt. </div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-4813894781519866352010-07-31T12:23:00.002+02:002010-07-31T12:27:25.997+02:00Background Info<em>Ihr wollt wissen, warum es mal wieder länger dauert mit dem nächsten Kapitel? Dann besucht mich auf meinem anderen Blog "</em><a href="http://mypagesoflife.wordpress.com/"><em>Pages of Life</em></a><em>". Dort gibt es auch ab und an Neues aus der Schreibwerkstatt, das nicht unbedingt etwas mit Sady zu tun hat. </em><br /><em></em><br /><em>Aber keine Sorge, das nächste Kapitel kommt ganz bald!! :)</em>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-16141330858713494812010-07-21T18:48:00.002+02:002010-07-21T18:55:56.011+02:00Chapter 21<div align="justify">Die folgenden Wochen waren nicht gerade meine glücklichsten. Ich versuchte noch ein, zwei Mal mit Tom zu sprechen, aber er blockte ab. In der Agentur war unser Verhältnis kollegial und sachlich, aber bei Weitem nicht mehr freundschaftlich. Man hätte meinen können, wir hätten kaum miteinander zu tun, würden uns nicht kennen. Mich nahm die Sache mehr mit, als ich gedacht hatte. Es hatte sich zwar nichts daran geändert, dass ich in Tom nur einen Freund sah, aber genau das war das Problem. Er war nicht mehr – aber auch nicht weniger. Er war nicht einfach nur ein Kollege, der sich jetzt plötzlich distanzierte. Ich verlor einen Freund.<br />Ich versuchte mich trotz allem in die Arbeit zu stürzen. Hoffte, dass ich dadurch den Spaß daran wieder fand. Anfangs war das auch ganz erfolgreich. Ich arbeitete bis spät in die Nacht, las Manuskripte, telefonierte mit Autoren, organisierte Lesereisen, übernahm Urlaubsvertretungen von Kollegen, die spontan den Spätsommer genießen wollten. Selbst Mr. P entging nicht, dass ich einen Zahn zulegte. Was nicht hieß, dass mich das in irgendeiner Form weiter brachte. Er nahm das lediglich zum Anlass mir noch mehr Arbeit aufzubrummen und ab und an einen süffisanten Kommentar abzugeben.<br />Die viele Arbeit verlangte aber nach einiger Zeit ihren Tribut und mit unterlief ein Fehler. Ich hatte einer Partneragentur einen Vertrag für einen ihrer Autoren zugeschickt, in dem ein falsches Honorar vermerkt war. Der Vertrag kam unterschrieben zurück – und das Kind war in den Brunnen gefallen. Mr. P tobte, ich versuchte alles, den Vertrag zu annullieren … was sich aber als vergeblich herausstellte. Es war keine schöne Sache, aber irgendwie würde die Agentur auch aus der Situation herauskommen. Notfalls war man gegen solcherlei Dinge versichert. Aber für mich hatte das unschöne Folgen. Mr. P hatte einen Tobsuchtsanfall nach dem anderen. Er ließ keine Möglichkeit aus, mir zu zeigen, wie unfähig ich doch war, meine Arbeit zu erledigen. Ich bekam nur noch langweilige Aufträge, die keiner machen wollte, Handlangerarbeiten. Schließlich war es nicht zu verantworten, mir wichtige Arbeiten anzuvertrauen. Zunächst ließ ich das einfach über mich ergehen. Ich wusste, dass ich einen Fehler gemacht hatte. Das war nicht abzustreiten. Ich zog einfach den Kopf ein und hoffte darauf, dass sich die Lage mit der Zeit beruhigte. Als dies nicht eintraf, kroch ich langsam aus meinem Schneckenhaus hervor und fing an, darauf aufmerksam zu machen, dass meine Arbeit in den letzten Jahren durchaus gut war und ich nicht nur an einem – zugegebenermaßen großen – Fehler gemessen werden wollte. Das war ein Tropfen auf den heißen Stein. Ich hoffte immer wieder wenigstens bei Tom Hilfe zu finden, aber er hielt sich da raus. Früher hätte er mit mir darüber gelästert, was für Lachnummern in der Agentur doch angestellt waren und dass die sich eines Tages noch alle wundern würden. Jetzt jedoch sagte er gar nichts dazu. Nur Jasmin kam ab und an und zeigte mir, dass auch sie nicht damit einverstanden war, wie man mich behandelte. Sie war aber noch sehr jung und wollte hoch hinaus. Logisch, dass sie es sich dann mit niemandem verscherzen wollte.<br /><br />Als es wieder einmal soweit war, dass Projekte aufgeteilt wurden und ich nur zuarbeiten sollte, war ich endgültig frustriert. Mir war klar, dass sich etwas ändern musste. So konnte es nicht weitergehen. Nach Feierabend fuhr ich direkt zu Maja ins <em>Buchlädchen</em>, um sie auf einen Wein einzuladen. Wir wollten sowieso auf einen sehr erfolgreichen Lesemonat anstoßen. Die Veranstaltungen, die wir geplant hatten, waren sehr gut bei Majas Kundschaft angekommen, so dass bereits weitere für Dezember angesetzt waren. Auch die Zahl der Kunden war merklich gestiegen. Die Kinderlesevormittage an jedem zweiten Samstag hatte Maja beibehalten. Die Zwerge liebten den selbstgemachten Kuchen, den Majas Mutter spendierte, und waren immer mit Feuereifer dabei.<br />„Oh, hallo! Was machst du denn hier?“ Maja freute sich, dass ich spontan vorbei schaute.<br />„Ach, ich musste mal einen normalen Menschen sehen.“<br />„Auweia! Wieder die Agentur?“ Ich nickte.<br />„Ich brauche bestimmt noch ne Stunde, bis ich hier rauskomme. Aber meine Ma kommt gleich und bringt frischen Kuchen für morgen mit und da drüben gibt es einen großen Stapel neuer Bücher. Da kannst du dich ja beschäftigen.“<br />„Das mache ich. Wenn ich störe, sagst du aber Bescheid.“<br />„So ein Quatsch!“ Maja gab mir scherzhaft einen Klaps. „Ich kann nur nicht sofort los. Danach hab ich Zeit.“<br />Ich machte mich daran, die Neuerscheinungen zu durchstöbern. Kurz nach mir kam Helena, Majas Mama, ins <em>Lädchen </em>und mit ihr eine Duftwolke, die einem das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ.<br />„Sady! Schön, dass ich dich auch mal wieder zu Gesicht bekomme!“ Sie drückte mich mütterlich an ihren großen Busen. „Du siehst nicht gut aus, Mädchen!“ Am liebsten hätte ich losgeheult. Aber ich war ja keine fünf mehr.<br />„Ach Helena. Momentan ist einfach alles doof. Aber das wird schon wieder.“ Helena tätschelte mir den Arm. „Was hast du denn für Kuchen gebacken? Der durftet fantastisch!“<br />Helena musste lachen.<br />„Wenigstens daran hat sich nichts geändert. Du bist noch genauso eine Naschkatze, die Kummer mit Kuchen und Schokolade bekämpft, wie früher.“<br />„Ja, aber früher waren die Probleme damit dann auch weg …“<br />„Dann bekommst du jetzt ein extra großes Stück. Das hilft bestimmt.“<br />Majas Ma packte drei verschiedene Kuchen aus. Einer sah besser aus als der andere und alle dufteten sie himmlisch! Ich bekam ein ordentliches Stück Schoko-Kirsch. Es war – wie nicht anders zu erwarten – sehr, sehr lecker. Ich fühlte mich tatsächlich um einiges besser.<br />„Na siehst du, jetzt kannst du sogar wieder lächeln! Ihr bleibt doch immer kleine Mädchen! Was würdet ihr nur ohne eure Mamas tun?“ Ich lachte sie an.<br />„Das weiß ich auch nicht!“<br />Wenig später kam auch Maja dazu. Sie hatte den Laden abgeschlossen und sah geschafft aus. „Oh! Schoko-Kirsch! Ich will auch eins!“<br />„Noch so ein kleines Mädchen!“ Helena schüttelte lachend den Kopf und holte einen zweiten Teller.<br />„So, wenn du aufgegessen hast, könnt ihr gehen. Den Rest mache ich. Ihr seht so aus, als könntet ihr einen Schluck Wein vertragen.“<br />„Ach Mama! Du musst hier nicht die Putzfrau spielen! Ich mach das schon noch heute Abend.“<br />„Keine Widerrede!“ Wenn Helena das sagte, war jeder Widerstand zwecklos. Also klaubten wir die letzten Krümel von unseren Tellern und machten uns auf den Weg zu Majas und Bens Wohnung. Ben war bis Ende der Woche auf Geschäftsreise, so dass wir die Wohnung für uns hatten.<br />Maja machte gemütliches Licht an, holte Gläser aus dem Schrank und öffnete eine Flasche Wein.<br />„So, nun erzähl mal was los war.“<br />Ich berichtete ihr, was geschehen war. Dass ich mal wieder kein eigenes Projekt bekommen hatte, Mr. P selbstverständlich darauf hinweisen musste, dass es Kollegen gibt, denen man verantwortungsvolle Arbeit nicht übertragen konnte, und so weiter, und so weiter.<br />Maja seufzte.<br />„Ganz ehrlich, Sady. Ich bezweifle, dass sich an der Situation noch viel ändern wird.“<br />Auch mir war das inzwischen klar geworden.<br />„Aber was soll ich denn dann machen? Solche Jobs liegen ja nicht auf der Straße herum.“<br />„Du wolltest dich doch eh umorientieren. Vielleicht was ganz anderes machen. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt dafür.“<br />Maja hatte recht, aber sich Gedanken zu machen, was man theoretisch alles anders machen wollte, Luftschlösser zu bauen, zu fantasieren … das war etwas ganz anderes, als es dann wirklich in Angriff zu nehmen.<br />„Ich weiß nicht. Was wenn es nicht funktioniert. Und was genau sollte ich machen? Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll …“<br />„Du hast doch noch so viel Urlaub über. Warum fährst du nicht weg? Dann könntest du Abstand gewinnen, dir Gedanken machen, was du genau willst und dich erkundigen, wie du das umsetzen kannst.“<br />Ich überlegte.<br />„Das wäre eine Möglichkeit. Aber wo soll ich denn hin? Wir haben Anfang Oktober und in den warmen Ländern ist es mir zu teuer. Und dann auch noch alleine!“<br />„Du könntest Paula in London besuchen. Sie wohnt da zwar erst seit 3 Wochen, aber das macht ihr bestimmt nichts aus.“<br />Wir hatten Paula und ihre Mutter Jutta auf Sylt kennengelernt. Damals wartete Paula noch sehnsüchtig auf eine Zusage für einen Job als Ärztin in einem Londoner Krankenhaus. Kurz nach unserem Urlaub haben wir vier uns auf einen Wein in Hamburg getroffen und sie hatte berichtet, dass sie tatsächlich nach London gehen würde. Ich liebte diese Stadt und es wäre eine willkommene Abwechslung. Ich wusste, dass Paula mit Heimweh zu kämpfen hatte. Sie wollte erst Weihnachten wieder nach Deutschland zurück kommen und vielleicht konnte ich ihren Abschiedskummer etwas erleichtern.<br />Ich entschied, ihr noch heute Abend eine Mail zu schicken und sie zufragen, was sie davon hielt.<br /><br />Eine Woche später stand ich am Flughafen, Gepäck für drei Wochen dabei und wartete darauf, dass mein Flug aufgerufen wurde. Maja saß neben mir und war ein bisschen traurig – weil sie nicht mitkommen konnte und weil wir uns nun drei lange Wochen nicht sehen würden.<br />„Bestell Paula liebe Grüße. Und schlepp mir ja keinen rothaarigen Inselmenschen an, den du dann heiraten willst. Verstanden?! Ich will nicht ständig zwischen Hamburg und London pendeln müssen.“<br />Ich knuffte sie in die Seite.<br />„Ich hab grad wirklich andere Dinge im Kopf, als mir einen Kerl dort anzulachen.“<br />Die Anzeige sprang um und zeigte das Gate, zu dem ich musste. Ich verabschiedete mich von Maja und machte mich auf den Weg. </div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-44780667335472237092010-07-18T22:03:00.001+02:002010-07-18T22:03:57.315+02:00Chapter 20<div align="justify">Das Wochenende verbrachte ich auf meiner Couch. Meine Stimmung schwankte zwischen Selbstmitleid, Wut, aufkeimendem Optimismus, Traurigkeit. Passenderweise war das Wetter umgeschlagen. Der Himmel hatte sich zugezogen uns es regnete immer wieder. Auch die Temperaturen waren gefallen.<br />Die Nacht mit Tom hatte ich inzwischen so oft in Gedanken wiederholt, hin und her gewendet und von allen Seiten betrachtet, dass sie ganz unwirklich schien. Mir war, als hätte ich das nur geträumt. An sich war alles nicht weiter schlimm, aber doch verfahren.<br />Als ich Montagmorgen aufwachte fühlte ich mich wie nach einem schlechten Traum. Doch ich wusste, das es anders war. Das mir das Gefühl nicht einfach nur den ganzen Tag noch in den Knochen stecken würde, sondern dass ich mich mit der Situation auch weiterhin würde auseinandersetzen müssen. Heute würde Tom wieder in die Agentur kommen und ich hatte bisher nicht wieder mit ihm gesprochen. Wie sollte ich mich ihm gegenüber verhalten? Sollte ich so tun, als wäre nichts weiter passiert? Sollte ich ihn fragen, wie es ihm geht? Ob er mit Bee gesprochen hatte? Sollte ich ihm gar meine Hilfe anbieten? Oder mich entschuldigen? Ich wusste es einfach nicht.<br />Mir graute es davor, aufzustehen. Wenn der Tag doch nur schon vorbei wäre! Dann wüsste ich wenigstens, auf was ich mich die nächsten Wochen einstellen konnte. Die Arbeit in der Agentur machte mir in letzter Zeit nicht mehr so viel Spaß wie zu Beginn. Wenn die Zusammenarbeit mit Tom jetzt durch diesen dummen Fehler anstrengend werden würde, wäre das nicht gerade vorteilhaft.<br /><br />Eine gute Stunde später war ich auf dem Weg in die Agentur. Beim Coffee Shop neben der U-Bahn-Station holte ich mir einen Kaffee und ging die letzten Meter in die Agentur. Dort herrschte bereits rege Geschäftigkeit. Aber Tom war noch nicht da.<br />Kaum hatte ich mich in das erste Projekt eingelesen, hörte ich seine Stimme auf dem Flur. Mein Herz setzte einen Moment aus. Los Sady, Augen zu und durch. Ich ging in rüber in Toms Büro.<br />„Hey.“<br />„Hey ...“ Tom sah auf. Kein Lächeln lag auf seinen Lippen.<br />Wir schwiegen uns an.<br />„Ähm, Jasmin hat gesagt, du hättest dich um meine Sachen gekümmert. Danke. Hast du heute Nachmittag Zeit? Dann können wir Übergabe machen.“<br />Wir taten also so als wäre nichts passiert. Ich hatte mir gewünscht, dass es so wäre. Das war das einfachste von allen Alternativen. Einfach tun als wäre Tom Donnerstagabend nicht zu mir gekommen. Dann könnten wir weiterhin Freunde sein. Aber jetzt merkte ich, dass ich genau das nicht konnte. Ich konnte nicht so tun als ob. Ich wollte, ich <em>musste</em> darüber mit Tom reden.<br />„Ja, ich hab Zeit.“<br />„Prima. Ich stell dir einen Termin ein.“ Tom sah wieder auf seinen Bildschirm, war plötzlich sehr beschäftigt. Ich schluckte, drehte mich um und schickte mich an zu gehen. In der Tür drehte ich mich noch einmal um.<br />„Tom?“ Er blickte auf.<br />„Ja?“<br />„Wegen Donnerstag –“<br />„Sady. Da gibt es nichts weiter dazu zu sagen.“ Toms Ton war schärfer geworden. So kannte ich ihn nicht. Ich zog eine Augenbraue hoch.<br />„Okay ... Vielleicht nicht hier, aber ...“<br />„Nein, Sady. Es war ein Fehler und ich will darüber nicht sprechen.“ Zorn keimte in mir auf.<br />„Ja, aber ich vielleicht.“<br />„Nein.“<br />„Tom“, ich trat einen Schritt in sein Büro und schloss die Tür. „Es war ein Fehler, ja. Aber den haben wir beide begangen. Und dann kannst du nicht alleine entscheiden, wie wir damit umgehen.“<br />„Du auch nicht.“<br />„Aber ...“<br />Tom stand auf, öffnete die Tür.<br />„Sady, es ist besser, wenn du jetzt gehst.“ </div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-34204998175345441782010-07-15T18:53:00.000+02:002010-07-15T18:54:51.848+02:00Chapter 19<div align="justify">Ich rief in der Agentur an, erzählte etwas von einem kaputten Wecker und war eine Stunde später mit erheblicher Verspätung an meinem Schreibtisch. Da meine Laune inzwischen auf dem Nullpunkt angekommen war, raunzte ich jeden an, der mir über den Weg lief.<br />Am Nachmittag erhielt ich eine SMS von Maja:<br /><em>Hey! treffen uns heute ne stunde später. komm ruhig schon vorher, ben meint, er weiß nicht mehr wie du aussiehst :) kannst du noch wein mitbringen? kuss, maja. </em><br />Oh nein! Das hatte ich ganz vergessen. Heute Abend war Mädelsabend bei Maja angesagt, mit DVD, Wein, Pasta, Schokolade – das volle Programm. Danach vielleicht noch Party. Das würde ich nicht durchstehen, nicht nach so einer Nacht. Ich hatte kaum geschlafen und dazu das absolute Chaos angerichtet! Aber wie sollte ich absagen, ohne die ganze Geschichte erzählen zu müssen? Ich musste es Maja erzählen, aber nicht am Handy, und nicht mit Publikum.<br /><em>Muss absagen. geht mir nicht so gut. erzähl ich dir morgen. euch viel spaß! sorry!! kuss</em><br />Keine zwei Minuten später klingelte mein Telefon – Maja.<br />Ich zögerte, hob dann aber doch ab.<br />„Hey Maja.“<br />„Sady, was ist denn los? Stress in der Agentur?“<br />Ich spürte, wie mir die Tränen in die Augen stiegen. Ich schluckte.<br />„Ich hab Mist gebaut.“<br />„Oh. Erzähl! Was ist passiert? Wird schon nicht so schlimm sein.“<br />Ich holte tief Luft.<br />„Hat nichts mit der Agentur zu tun. Also … eigentlich doch … aber … nee … nicht wirklich … obwohl“ Ich seufzte.<br />„Das hört sich ja kompliziert an. Was um Himmels Willen hast du gemacht??“<br />„Ich kann dir das nicht am Telefon erzählen.“ Ich musste wieder schlucken. Jetzt wollte plötzlich alles aus mir heraussprudeln, musste es loswerden. Aber am Telefon war das mehr als ungünstig, vor allem in der Agentur.<br />„Du machst es aber spannend. Ich kann den Abend auch absagen und wir treffen uns allein. Wein kannst du trotzdem mitbringen.“<br />„Ach, du hast dich doch schon so auf den Abend gefreut.“<br />„Dann komm doch auch. Vielleicht ist die Ablenkung ganz gut. Und wenn die anderen auf den Kiez fahren, erzählst du mir, was passiert ist.“<br />„Kann ich mich spontan entscheiden?“<br />„Nein, dann bleibst du nämlich zu Hause. Am besten, du kaufst nach Feierabend zwei Flaschen Wein und kommst direkt zu mir. Keine Widerrede!“<br />Maja hatte recht. Wenn ich erst einmal zu Hause war, würde ich mich eingraben und wahrscheinlich nie wieder aus der Versenkung auftauchen.<br />„Widerspruch ist zwecklos, was?!“<br />„Absolut!“<br />„Okay“, ich seufzte, „dann bis später.“<br /><br />Gegen sechs verließ ich die Agentur und kaufte auf dem Weg zu Maja in einem Supermarkt Wein und Knabberzeug.<br />Als ich klingelte machte mir Ben die Tür auf.<br />„Du siehst ja ganz schön fertig aus.“ Ben grinste und nahm mich zur Begrüßung in den Arm.<br />„Hmm.“<br />Ben schaute mich ernst an.<br />„Oh, wirklich nicht gut drauf heute, was? Du darfst dich auch bei den harten Sachen bedienen. Das hilft immer.“ Er schob mich durch die Tür. Maja kam aus der Küche auf mich zu und umarmte mich ebenfalls zur Begrüßung. Schon wieder stiegen mir die Tränen in die Augen.<br />„Au weia. Ich hätte den anderen doch absagen sollen.“<br />Ich schniefte kurz.<br />„Ach, geht schon.“<br />„Okay, wir haben noch zwei Stunden Zeit bis die anderen kommen. Wir schicken Ben jetzt zu seinen Kumpels, ich mach dir eine Caipi und du erzählst was los ist. Dann werden wir weiter sehen.“<br />Ich nickte nur. Wir gingen in die Küche, schnitten Limetten auf und füllten Eis in zwei Gläser. Wenig später schaute Ben in die Küche und warf Maja einen Handkuss zum Abschied zu.<br />„Benehmt euch! Und wenn ihr Hilfe braucht bei was auch immer, dann ruft an.“ Männer! Ich musste nun doch lächeln.<br />„Ja, machen wir.“<br />„Gut. Bis später!“<br />„So“, sagte Maja, „jetzt ist er weg. Nun mal raus mit der Sprache!“<br />Wo sollte ich nur anfangen?<br />„Ich, ähm, also gestern Abend … erst hat es geklingelt … er wollte nur reden … aber, also … es war auch ganz harmlos eigentlich … wir …“<br />„Warte mal kurz“, unterbrach mich Maja, „wovon redest du? Wer war denn da?“<br />„Ich war mit Tom im Bett.“ Jetzt war es raus. Maja machte große Augen.<br />„Du meinst … ? Tom, der aus der Agentur, dessen Opa gerade gestorben ist?“<br />„Genau der.“<br />„Ich wusste gar nicht, dass du auf ihn stehst.“ Maja sah mich neugierig an.<br />„Tu ich eigentlich auch nicht. Das … hmm, das hat sich irgendwie so ergeben.“ Ich erzählte Maja, wie Tom bei mir am späten Abend vor der Tür stand, wir stundenlang geredet und am Ende miteinander geschlafen haben. Als ich fertig war, brannten meine Augen. Es waren inzwischen Tränen der Wut. Wie konnte ich mich nur darauf einlassen? Ich hätte in unser beider Interesse nein sagen müssen.<br />Wir schwiegen einen Moment.<br />„Da habt ihr euch ja schönen Schlamassel eingebrockt.“ Maja sah mich mitfühlend an.<br />„Wie soll es denn jetzt weitergehen? So tun als ob nichts passiert ist oder wollt ihr noch einmal drüber reden? Hat er denn was gesagt, ob er es Bee erzählen wird?“<br />„Ich denke schon. Hörte sich zumindest so an. Aber wie es zwischen uns weitergehen soll – keine Ahnung. Ich meine, ich will nichts von ihm. Aber jetzt ist er auch nicht mehr einfach nur Freund und Kollege. Ich weiß auch gar nicht, wie das in der Agentur werden soll!“<br />„Na, jetzt mal nicht den Teufel an die Wand. Am besten ihr redet drüber. Okay, es hätte nicht passieren dürfen, aber es ist auch kein Weltuntergang. Tom war aufgewühlt, eben in einer extremen Situation. Das ist keine Entschuldigung, aber eine Erklärung. Ihr seid erwachsen und werdet damit schon irgendwie klarkommen.“<br />„Es bleibt uns ja nichts anderes übrig.“ Ich seufzte. „Danke, dass du mich überredet hast. Jetzt geht es mir besser.“<br />Maja nahm mich in dem Arm.<br />„Ach Mensch. Du hättest heute krank machen und gleich zu mir kommen sollen!“<br />„Wahrscheinlich wäre das besser gewesen, ja.“<br />„So, und jetzt ab ins Bad, Gesicht sauber machen und dann kommen gleich die Mädels. Und Sady, Kopf hoch. Davon geht die Welt nicht unter!“<br />„Ja, Mutti!“ Wir mussten lachen.<br /></div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-35840991836163334562010-07-06T00:24:00.001+02:002010-07-06T00:24:58.960+02:00Chapter 18<div align="justify">Toms Lippen waren warm und weich. Schlaftrunken und überrascht ließ ich mich in den Kuss fallen. Mein Herzschlag beschleunigte sich. Langsam erwachten meine Gedanken und wirbelten wild durcheinander. Was tat ich hier? Eben noch versuchte ich Tom zu trösten. Tom, meinen Kollegen, einen guten Freund. Und jetzt liebkosten seine Lippen die meinen, wurden fordernder. Sorgten für ein wohliges Kribbeln in meinem Bauch.<br />„Tom ... Tom!“ Tom wich ein Stück zurück und sah mich an.<br />„Ich, ähm, ich weiß nicht, ob das ...“ Er strich mir mit seinem Daumen über den Mund. Seine Augen leuchteten in einem traurigen Glanz, ganz dunkel. Er sagte nichts, sah mir nur tief in die Augen, sein Blick folgte seinen Händen. Ganz leicht und weich an meiner Wange entlang, hinunter zu meinem Kinn. Sein Mund verschloss meinen, ganz zart schenkte er mir einen Schmetterlingskuss, bedeckte meine Haut mit Küssen. Seine Hände erkundeten meinen Körper, ertasteten, verwöhnten. Ich schob meine Zweifel und Gedanken beiseite. Ließ meine Hände wandern, spürte Toms weiche Haut unter meiner, atmete seinen Duft ein, stillte meinen Durst nach Berührungen und Nähe, gab mich ihm hin. </div><div align="justify"><br />Am Morgen erwachte ich in einer wohligen Umarmung, umschlungen von starken Männerarmen. Noch während ich das Gefühl genoss, ganz aufgehoben zu sein, erwachte die Erinnerung an letzte Nacht. Ich schlug meine Augen auf und stellte fest, dass es tatsächlich Tom war, der da neben mir im Bett lag. Ich betrachtete ihn, seine Arme, die mich noch immer umschlungen hielten, seine schönen Hände, die meinen Körper zum Glühen gebracht hatten. Ich sah, wie sein Herz gleichmäßig in seiner Brust schlug, berührte ganz leicht die Stoppeln an seinen Wangen, die meine Haut aufgeschrubbelt hatten. Da meldete sich mein schlechtes Gewissen. Was hatte ich mir nur dabei gedacht?! Tom war mit Bee zusammen, machte gerade eine schwere Zeit durch und ich hatte nichts besseres zu tun, als mit ihm ins Bett zu steigen!<br />Ich wand mich aus seiner Umarmung und schlich ins Bad. Wie spät war es eigentlich? Elf Uhr! Na fantastisch. Ich hätte bereits seit mindestens zwei Stunden an meinem Schreibtisch sitzen sollen. Ich ließ mich auf den Badewannenrand plumpsen und vergrub mein Gesicht in den Händen. Was für ein Chaos! Die Ereignisse der letzten Nacht hatten eine unerwartete Wendung genommen. Tom war ein sehr leidenschaftlicher und einfühlsamer Liebhaber. Was, wenn er bereute, was letzte Nacht passiert war? Ich hätte es nicht zulassen dürfen. Seine Welt war bereits aus den Fugen als er hier ankam. Er war zu mir gekommen, um Trost zu finden, nicht, um auch noch seine Beziehung in den Sand zu setzen.<br />Ich stieg in die Dusche, drehte das heiße Wasser auf und hoffte, mein schlechtes Gewissen fortspülen zu können.<br /><br />Als ich in ein Handtuch gewickelt aus dem Bad kam, war Tom schon wach und knöpfte gerade sein Hemd zu. Er sah auf. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ein verlegenes Lächeln huschte über Toms Gesicht.<br />„Hey.“<br />„Hey.“<br />Betretenes Schweigen.<br />„Tom ...“, „Sady ...“ setzten wir gleichzeitig an.<br />Ich senkte den Blick.<br />„Tom ... ich, ähm, also ... das mit letzter Nacht.“ Tom kam auf mich zu.<br />„Sady. Letzte Nacht, das war wirklich schön.“ Er sah mir in die Augen.<br />„Aber ...“<br />„Aber es war wohl nicht so eine gute Idee.“ Er seufzte. Uns war beiden klar, dass jetzt nichts mehr war wie zuvor.<br />„Tut mir leid. Ich hätte ...“<br />„Sady, es muss dir nicht leid tun! Mir tut es leid. Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist.“ Er fuhr sich durch die Haare. „Ich ... ach, Scheiße. ... Ich muss mit Bee reden.“ Wieder seufzte er. Jetzt war seine Situation noch komplizierter als vor seinem Besuch.<br />„Sady, ich muss gehen. Tut mir leid.“ Er strich mir noch einmal über die Wange, küsste mich auf die Stirn und ging. Ich sank aufs Bett und die erste heiße Träne suchte sich ihren Weg. </div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-48250199712575691332010-07-02T20:17:00.001+02:002010-07-02T20:20:14.480+02:00Chapter 17<div align="justify">„Tom! Was machst du denn hier?“<br />„Hey. Stör ich? Kann ich kurz reinkommen?“ Tom stand unten vor der Haustür. Er war sichtlich mitgenommen von den Ereignissen des Tages.<br />„Natürlich.“ Ich drückte auf den Türöffner und ließ ihn herein. Während ich darauf wartete, dass Tom die Treppe hoch kam, sah ich an mir herunter. Na ja, besuchertauglich war mein Outfit nicht gerade, aber es war auch schon spät. Tom nahm die letzten Stufen und kam auf mich zu.<br />„Hey. Du bist ja noch spät unterwegs.“<br />„Entschuldige. Ich wollte dich nicht stören.“ Er zögerte. „Ich hätte nicht herkommen sollen. Du willst sicher schlafen. Tut mir leid.“ Er wandte sich zum Gehen.<br />„So war das nicht gemeint“, ich legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Komm rein. Du hattest einen anstrengenden Tag, da kann ich auch mal ein Stündchen später ins Bett gehen.“ Ich lächelte ihn an.<br />„Okay.“<br />Tom ging an mir vorbei in den Flur. Ich roch, dass er bereits das ein oder andere Bier getrunken hatte. Er tat mir leid. Der Tag musste sehr schwer für ihn gewesen sein. So eine emotionale Belastung glich einer sportlichen Höchstleistung. Am Ende des Tages war man am Ende. Alles tat weh, die Tränen waren aufgebraucht. Ich war aber auch neugierig, was ihn hergetrieben hatte. Er hätte sicher auch zu Freunden gehen können oder bei seiner Familie Trost gefunden.<br />„Komm rein. Möchtest du etwas trinken? Ich hab nicht viel da. Saft und Wasser … und Wein.“ Tom ging ins Wohnzimmer, stellte sich an die offene Balkontür und sah in die Dunkelheit hinaus.<br />„Wasser wäre gut. Danke.“<br />Ich holte zwei Gläser aus der Küche, nahm eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und ging zurück ins Wohnzimmer. Ich schenkte uns ein und setzte mich auf die Couch. Tom stand in Gedanken versunken am Balkon. Nach ein paar Minuten drehte er sich um und setzte sich ebenfalls auf die Couch. Er sah müde aus, erschöpft. Seine Augenringe verrieten, dass es ein langer Tag gewesen war. Niedergeschlagen und tieftraurig sah er mich an. Es war schwer einen guten Freund so leiden zu sehen. Ich konnte nichts weiter tun als für ihn da zu sein, aber das fiel mir nicht leicht. Ich fühlte mich zurückversetzt in die Zeiten, als meine Familie mit der Trauer um ein Familienmitglied kämpfte. Jeder auf seine Weise. Es war immer anders, aber immer intensiv und schmerzhaft. Und so abgedroschen es klang, doch nur die Zeit half, wieder die schönen Seiten des Lebens zu sehen. Bis dahin war es aber noch ein weiter Weg.<br />Es brannte mir auf der Zunge zu fragen, warum Tom hier war, aber ich wusste nicht, ob das gut war. Schweigend sahen wir zu, wie die Bläschen im Wasser am Glas nach oben trieben.<br />„Danke, dass ihr heute Nachmittag da gewesen seid.“ Tom sah weiterhin mit leerem Blick auf sein Wasserglas.<br />„Dafür musst du dich nicht bedanken.“ Ich sah ihn an, studierte seinen Blick, den Kummer in seinen Augen.<br />„Es ist ein schöner Platz für die letzte Ruhe.“ Tom war so spät zu mir gekommen um zu reden, doch es war schwer, ein Gespräch in Gang zu bringen. Ich fühlte mich unsicher.<br />„Ja, das stimmt. Er mochte den Park.“ Wieder trat eine Pause ein. Ich griff nach meinem Glas und trank einen Schluck.<br />„Es waren viele Leute da. Dein Opa scheint sehr beliebt gewesen zu sein.“ Tom nickte.<br />„Wie geht es denn deiner Oma. Kommt sie zurecht?“ Ich traute mich kaum zu fragen.<br />Tom seufzte. „Sie hält sich tapfer. Heute war es natürlich noch mal sehr schlimm. Die Feier danach war anstrengend für sie. Sie ist jetzt bei meiner Ma und hat ein Beruhigungsmittel genommen. Die nächsten Wochen müssen wir das Haus verkaufen, ausräumen und ihr eine kleine Wohnung in der Nähe suchen. Das wird auch schwer werden. Aber es hilft ja nichts.“ Er stützte sich mit den Ellenbogen auf den Knien ab und rieb sich die Augen mit den Handflächen. Er seufzte.<br />„Habt ihr jemanden, der euch dabei unterstützt?“<br />„Nein. Wir müssen das irgendwie alleine machen. Das wird schon. Aber der meiste Kram wird wohl an mir hängen bleiben. Meine Ma kümmert sich um Oma. Wir haben ein bisschen Angst, dass sie sich jetzt hängen lässt. Da muss ich mich um die organisatorischen Dinge kümmern.“<br />„Ach Tom. Ich würde dir gern irgendwie helfen, aber das Chaos kann ich dir wohl nicht abnehmen.“<br />Tom lächelte. „Hey, ich darf mitten in der Nacht bei dir auf der Couch sitzen und dir die Ohren voll jammern.“<br />„Stimmt“, ich musste auch lachen. „Das ist eine wirkliche Glanzleistung von mir!“<br />„Sady, kann ich vielleicht doch einen Wein bekommen?“<br />„Klar.“ Froh, dass die Stimmung sich ein bisschen entspannt hatte, holte ich den Wein und ein weiteres Glas für Tom.<br />„Danke. Jetzt plündere ich auch noch deinen Alkoholvorrat.“<br />„Frechheit, Herr Kollege!“ Ich schüttelte lachend den Kopf. Vielleicht konnte ich Tom etwas ablenken von seinem Kummer, zumindest für kurze Zeit. Das würde ihm gut tun. Morgen im Büro würde ich das zwar bereuen, wenn mir der Kopf dröhnte und meine Augen vor Müdigkeit brannten, aber sei es drum.<br />Tom erkundigte sich nach der Agentur. Ich berichtete was momentan so auf dem Tisch lag, wie der aktuelle Stand unserer Projekte war und beruhigte ihn, dass sein Tisch noch nicht kurz vor dem Kollaps stand. Er fragte nach meinem Urlaub und ich schwelgte in Gedanken, holte Sonne, Strand, Meer, gutes Essen und viel Erholung in die dunkle Nacht zurück.<br />Ich öffnete eine weitere Flasche Wein. Inzwischen war es fast halb zwei. Tom hatte es sich auf der Couch gemütlich gemacht. Sein Kopf lag auf dem großen Kissen an der Rückenlehne, die Beine entspannt ausgestreckt.<br />„Tom …“, ich hielt kurz inne, „darf ich dich was fragen?“<br />„Klar.“<br />„Aber nicht falsch verstehen, ja?“<br />„Okay.“ Ein Lächeln huschte über sein Gesicht.<br />„Hmm … warum bist du eigentlich heute Abend vorbei gekommen?“<br />Sein Gesicht wurde ausdruckslos. Die Entspannung wie weggeblasen. Mist!<br />„Sorry, ich weiß es ist spät.“ Tom setzte sich auf, stellte sein Weinglas ab.<br />„Hey, ich hab doch gesagt, nicht falsch verstehen! Ich bin nur neugierig. Du kannst bleiben so lange du willst.“<br />Tom atmete hörbar aus und ließ sich wieder nach hinten sinken. Ich sah ihn an, er schien weit weg zu sein. Toll, Sady! Prima gemacht!<br />„Ich musste einfach mal raus. Jemanden sehen, der nichts mit dem ganzen Scheiß zu tun hat.“ Er griff zum Glas und leerte es in einem Zug. War das Zorn, der anfing sich in seinen Blick zu schleichen?<br />Ich antwortete nicht. Wartete, dass er weiter erzählte. Als ich dachte, es käme nichts mehr, fuhr er fort. „Ich hatte das Gefühl zu ersticken. Eine Last, die mich immer weiter nach unten drückt, die jeden Schritt und jeden Atemzug schwer werden lässt.“ Er sah mich an. „Verstehst du das?“<br />„Ja, sehr gut sogar.“<br />„Ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich mal für ein paar Minuten nicht an den Tod und die ganze Situation denke sondern auch mal lache. Aber, hey! Mein Leben geht weiter. Ist das denn so schlimm? Ja, ich vermisse ihn und ja, ich habe Verständnis dafür, dass andere anders damit umgehen.“ Er war jetzt aufgestanden und lief wie ein Tiger im Käfig umher.<br />„Du musst damit umgehen, wie es für dich richtig ist. Da gibt es kein Falsch oder Richtig.“<br />„Das sagst du! Ich kann auch nicht alles regeln und nur noch für die Familie da sein! Und am Liebsten noch den ganzen Tag auf dem Sofa sitzen und alte Geschichten durchkauen. Zum tausendsten Mal! Davon kommt er auch nicht zurück.“<br />„Tom, beruhige dich. Vielleicht ist das der richtige Weg für deine Familie damit umzugehen. Sie merken nicht, dass dir das nicht gut tut.“<br />„Ach, ich soll also Verständnis haben, ja?“ Tom war laut geworden. „Ich habe immer Verständnis. Immer!“<br />„Aber Bee hat doch sicher Verständnis für dich.“ Tom funkelte mich böse an.<br />„Ja, hat sie“, sagte er scharf. „Von ihrem Hotelzimmer in Frankfurt aus hat sie <em>riesiges</em> Verständnis für mich!“ Ich sah ihn verblüfft an.<br />„Was macht sie denn in Frankfurt?“<br />„Sie hat ein <em>wichtiges</em> Seminar. Das man <em>unmöglich</em> absagen kann, nicht mal dann, wenn man einen Trauerfall in der Familie hat!“ Das erklärte natürlich einiges.<br />„Tom. Ich verstehe ja, dass du sauer bist. Aber vielleicht ging es wirklich nicht anders.“<br />„Ach, ich bitte dich! Da erwarte ich ein einziges Mal, dass sie etwas für mich tut und dann kann sie nicht mal dieses Seminar absagen! Was muss denn noch passieren, bis ihr Privatleben Vorrang hat?“<br />Ich sagte nichts dazu. Tom stand wieder an der offenen Balkontür und starrte hinaus. Ich sah, wie Wut und Zorn verblassten. Er rieb sich den Nasenrücken und seine Schultern fingen an zu zucken.<br />Ich stand auf und ging zu ihm, legte ihm eine Hand auf die Schulter. Das war es also gewesen. Er musste raus, brauchte jemanden, der für ihn da ist, der ihn mit seiner Trauer auffängt. Und der Mensch, von dem er das erwartet hatte, zog die Arbeit vor und war viele Hundert Kilometer weit weg in einem Hotel.<br />„Tom. Ist schon gut. Komm mal her.“ Tom drehte sich zu mir um. Tränen liefen ihm über das Gesicht, seine Augen waren tief schwarz. Es tat mir leid, ihn so verloren und erschöpft zu sehen.<br />„Es ist okay, dass du wütend bist.“ Eine dicke Träne saß an seinen Wimpern, löste sich und verschmolz mit den anderen auf seiner Wange.<br />„Komm, setzt dich wieder auf die Couch.“ Tom folgte mir wie ein trauriges kleines Kind, ließ sich auf die Couch fallen und verbarg sein Gesicht in den Händen. Ich setzte mich neben ihn, zog die Beine auf die Couch und lehnte mich zurück. Tom ließ sich zur Seite rutschen, so dass sein Kopf auf meinem Schoß landete.<br />„Ich bin so müde, weißt du? Ich vermisse ihn auch, sehr sogar. Aber ich bin auch froh, dass es vorbei ist und er nicht mehr leiden muss.“ Ich spürte wie warm sein Gesicht von den Tränen war. „Manchmal ist es alles zu viel. Jeder denkt, er kann seinen Mist bei mir abladen. Tom schafft das schon.“ Seine Stimme war rau und kraftlos. Ich strich ihm durch sein dunkles Haar. Es war ganz durcheinander. Wir saßen eine Weile so da, jeder seinen Gedanken nachhängend.<br />Ich musste eingeschlafen sein. Als ich aufwachte saß Tom neben mir und sah mich an, lehnte sich in die Kissen, den Arm auf der Rücklehne, den Kopf mit der Hand gestützt.<br />„Sorry, ich bin wohl eingenickt.“<br />Tom sagte nichts, sah mich nur an. Strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Er wirkte immer noch traurig, aber ruhig und ohne Zorn. Ganz friedlich.<br />Dann beugte er sich vor und küsste mich. </div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-61516259132644009672010-07-01T18:00:00.001+02:002010-07-01T23:12:18.135+02:00Chapter 16<div align="justify">Die Melancholie und Traurigkeit, die uns nachhing als wir den Friedhof verließen, klang im Laufe des Nachmittags ab. Jasmin und ich tranken in dem kleinen Café einen Kaffee und wärmten uns in der Sonne von der inneren Kälte. Kurz darauf verabschiedeten wir uns. Ich rief Maja an und fragte, ob ich sie aus dem <em>Buchlädchen </em>abholen sollte. Ich wollte heute einfach nicht allein sein. Am frühen Abend holte ich Maja ab. Sie hatte noch Kundschaft, daher stöberte ich ein wenig durch die Regale. Irgendeinen neuen Schmöker fand ich immer.<br />Wenig später schlossen wir das <em>Lädchen </em>ab und gingen auf einen Wein zu Luigi. Zum Glück hatte er eine tolle Terrasse, so dass wir die untergehende Sonne genießen konnten.<br />„Wie war es denn heute Nachmittag?“ erkundigte sich Maja nach der Beerdigung.<br />„Es war furchtbar! Irgendwie surreal. Einerseits war dieser Park traumhaft schön in der Nachmittagssonne, andererseits war die Trauer der Familie fast greifbar. Ich finde Regenwetter oder Schnee passt viel besser zu so einer Situation.“ Ich stützte meinen Kopf mit der Hand ab und sah Maja an.<br />„Das verstehe ich. Solche Momente müsste man aus dem Gedächtnis streichen können. Man möchte den Angehörigen helfen und kann es nicht. Egal was man sagt, es ist nie das Richtige.“<br />„Das stimmt.“ Schweigend nippten wir an unserem Wein als mir etwas einfiel.<br />„Aber weißt du was?!“<br />„Was?“ Maja machte große Augen.<br />„Bee war nicht da!“<br />„Wie, sie war nicht da?“<br />„Ja, ich weiß auch nicht. Ich hab sie jedenfalls nirgendwo gesehen. Schon komisch, oder? Die beiden sind doch schon so lange zusammen. Da geht man doch mit, oder nicht?“<br />„Eigentlich schon. Wer weiß, was da los ist.“<br />„Merkwürdig.“<br />Wir plauderten noch über ein paar Dinge, tranken unseren Wein aus und fuhren nach Hause.<br /><br />Nach diesem Tag war ich ziemlich müde. Ein Stündchen auf der Couch vor dem Fernseher zum Abschalten wäre noch drin und dann ab ins Bett. Es war nur noch ein Tag, dann war Wochenende. Endlich. Die erste Woche nach meinem Urlaub war wirklich anstrengend gewesen. Es fühlte sich an, als lägen diese entspannten Tage auf Sylt nicht erst kurze Zeit zurück sondern bereits mehrere Wochen. So viel hatte sich ereignet seit unserer Rückkehr. Hoffentlich wurde es jetzt etwas ruhiger.<br />Ich ging ins Bad und machte mich bettfertig, schminkte mich ab, zog Shorts und ein T-Shirt an, goss mir ein weiteres Glas Wein ein und machte es mir auf der Couch gemütlich. In der Schublade der Anrichte fand sich auch noch etwas Schokolade.<br />Ich war kurz eingeschlafen, als es gegen elf Uhr an meiner Tür klingelte. Ich konnte das Geräusch erst nicht zuordnen und brauchte einen Moment, um mich zu orientieren. Es klingelte wieder. Ich erschrak. Wer konnte das sein um diese Zeit? War Maja etwas passiert? Nein, dann hätte sie vorher angerufen. Meiner Nachbarin vielleicht? Vielleicht war das auch nur ein Trick von Ganoven, die sich Zutritt zu meiner Wohnung verschaffen wollten. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Sady, welcher Einbrecher klingelt zwei Mal, bevor er die Mieterin überfällt? Ich schüttelte den Kopf. Das musste der Wein sein und meine Leidenschaft für gruselige Krimis, die mir bei Dunkelheit manchmal zum Verhängnis wurde.<br />Ich ging zur Tür und schaute durch den Spion. Dort stand niemand. Sollte ich die Tür öffnen? Ich gab mir einen Ruck und schloss die Wohnungstür auf. Niemand da. Ich schaute über das Geländer nach unten. Vor der Haustür stand Tom. </div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-41888498187633162052010-06-30T21:43:00.000+02:002010-06-30T21:44:06.162+02:00Chapter 15<div align="justify">Ich hatte mich entschieden, zur Beerdigung von Toms Opa zu gehen. Früher fand ich es unmöglich, wenn alte Leute zu jeder zweiten Beerdigung im Dorf gegangen sind. Heute weiß ich, dass sie viele der Toten wirklich gekannt haben, sich verabschieden wollten und dabei selbst unweigerlich dem Ende immer näher kamen. Oder sie standen einem der Angehörigen nahe und zeigten damit ihre Anteilnahme.<br />Die Beerdigung fand 15 Uhr auf dem Ohlsdorfer Friedhof statt. Jasmin und ich hatten uns den halben Tag frei genommen und wollten gemeinsam zu der Trauerfeier gehen. Ich stand im Flur vor dem großen Spiegel. Ich hatte mir ein schwarzes Kleid angezogen und schwarze Pumps dazu. Bis zu dem Zeitpunkt als mein Opa vor fast zehn Jahren gestorben war, hatte ich sehr oft schwarz getragen. Als aber meine ganze Familie fast nur noch dunkel gekleidet war, hatte ich das Gefühl von dieser Farbe erdrückt zu werden. Ich bekam keine Luft mehr, wenn ich mich in der Trauer einhüllen musste. Ich verbannte fast alle schwarzen und grauen Kleidungsstücke in die hinterste Ecke meines Schranks. Die neue Bluse, die ich zur Beerdigung das erste Mal getragen hatte, trug ich nie wieder. Es hatte lange gedauert, bis ich schwarz wieder als modisch empfand. Ein seltsamer Beigeschmack war jedoch geblieben.<br /><br />Gegen zwei stand ich bei Jasmin vor der Tür. Wir hatten noch ausreichend Zeit. Der Friedhof war aber sehr groß und wir waren noch nie dort gewesen. Wir wollten auf keinen Fall zu spät kommen, weil wir uns verirrt und den Weg nicht rechtzeitig gefunden hatten. Auch Jasmin trug ein schwarzes Kleid. Es stand ihr sehr gut. An der Taille verlief ein schmales Samtband, das am Rücken geknotet war, am Ausschnitt waren ein paar kleine schwarze Blüten aufgenäht. Wäre der Anlass nicht so traurig gewesen, hätte ich sie um dieses tolle Kleid beneidet.<br />Wir fuhren mit dem Auto zum Friedhof, suchten uns einen Parkplatz und machten uns auf die Suche. Es war nicht nur ein Friedhof sondern ein riesiger Park – ein wunderschöner Park. Die Sonne lachte von einem tiefblauen Himmel, das Grün der Bäume leuchtet und Bienen schwirrten von Blüte zu Blüte. Ich wurde von einer seltenen Ruhe erfasst. Die Hektik des Alltags verblasste. Beinahe vergaß ich den Anlass für meinen Besuch in dieser Oase. Wenn es so etwas gab, dann war hier der perfekte Ort um einen geliebten Menschen zur letzten Ruhe zu betten.<br />Nach fünfzehn Minuten hatten wir die Kapelle gefunden, in der die Trauerfeier stattfinden sollte. Es hatte sich bereits eine kleine schwarze Menschentraube davor versammelt. Soweit ich sehen konnte, war Tom nicht dabei, ich ging also davon aus, dass seine Familie noch nicht angekommen war. Jasmin und ich stellten uns ein Stück abseits der Trauergemeinde. Ich wünschte es wäre bereits vorbei. Wir redeten kaum miteinander und grüßten weitere ankommende Trauergäste mit einem kleinen Nicken.<br />Kurz vor drei war eine beachtliche Anzahl von jungen und alten Leuten auf dem Friedhof versammelt. Alle hatten Toms Opa auf irgendeine Weise gekannt, hatten mit ihm gearbeitet, gelacht, gefeiert, waren gemeinsamen Hobbies nachgegangen. Man kannte sich bereits aus Kindertagen oder über einen Verein oder stand einem Angehörigen auf die ein oder andere Weise nahe.<br />Plötzlich senkte sich Stille über die Gruppe. Tom und seine Familie waren eingetroffen. Er stützte seine Oma, die, um Fassung bemüht, neben ihrem Enkel auf die Kapelle zuging um ihrem Mann das letzte Geleit zu erweisen. Ich konnte mir kaum vorstellen, wie schwer dieser Gang für sie sein mochte. Viele Jahrzehnte hatten sie miteinander verbracht, gemeinsam gelacht und geweint. Jetzt war diese Reise beendet und ihr blieb nichts anderes übrig als sich zu verabschieden und allein weiter zu ziehen. Ihr Arm war bei Tom eingehänkelt, der liebevoll und Kraft spendend ihre Hand hielt. Auf seinem Gesicht spiegelte sich tiefe Traurigkeit, doch seine Augen verrieten, dass er sich sorgte – um seine Oma und auch seine Mutter, die ihren geliebten Vater verloren hatte. Als Tom uns sah, huschte ein ganz leichtes Lächeln über sein Gesicht. Er hatte wahrscheinlich nicht damit gerechnet, dass jemand aus der Agentur kommen würde. Wir konnten ihm nicht wirklich helfen, aber wir wollten ihm zeigen, dass wir in dieser schweren Stunde an ihn dachten.<br />Es bildete sich ein Gang zwischen der Trauergemeinde, so dass die Familie zur Tür der Kapelle gehen konnte, an der bereits der Pfarrer auf sie wartete. Links und rechts des Ganges nickten die Bekannten und Freunde der Familie zu und murmelten leise Beileidsbekundungen. Beim Pfarrer angekommen reichte dieser erst der Oma die Hände, dann dem Rest der Familie und geleitete sie in das Innere der Kapelle hinein, wo der geschlossene Sarg aufgebahrt war. Ein Schluchzen drang nach draußen an den sommerlichen Tag. Niemand sagte mehr ein Wort. Kurze Zeit später wurde die Flügeltür geöffnet und die Trauergemeinde folgte der Familie in die Kapelle. Wir stellten uns in die letzte Reihe, da keine Plätze mehr frei waren. Es waren so viele Menschen gekommen, dass einige in der Tür und vor der Kapelle stehen mussten. Hier und da murmelten die Leute miteinander, ab und an vernahm man ein leises Schniefen. Ich ließ meinen Blick über die Köpfe der Anwesenden schweifen, bis ich ganz vorn direkt vor dem Sarg Tom uns seine Familie ausmachen konnte. Erst jetzt fiel mir auf, dass Bee nicht dabei war. Ich suchte die Menge ab, konnte ihre roten Haare aber nirgends entdecken. Wie konnte das sein? Ich sah Jasmin an.<br />„Sag mal“, flüsterte ich, „weißt du wo Bee ist?“<br />„Ist sie denn nicht hier?“ flüsterte Jasmin zurück und sah nun auch suchend auf die Menschenmenge.<br />„Ich kann sie auch nicht sehen. Das ist ja merkwürdig.“ Wir sahen uns verwirrt an. Aber bevor wir uns weitere Gedanken machen konnte, setzte leise Musik ein und der Pfarrer schritt an sein Podest.<br />„Liebe Frau Bergmann, wehrte Angehörige, wehrte Trauergemeinde. Wir haben uns heute hier versammelt, um Abschied zu nehmen von Paul Herrmann Bergmann.“ Der Pfarrer hatte eine tiefe, angenehme Stimme. Sie hatte etwas beruhigendes, über allen Kummer erhabenes. Man glaubte ihm, dass er schon viel Leid gesehen und erlebt hatte und der Trost, den er zu spenden versuchte, ehrlich war. Er berichtete über das ereignisreiche Leben von Toms Opa, seiner Zeit im Krieg, wie die Familie wieder zueinander fand, in frühen Jahren ein Kind starb – Toms Onkel – und wie er für seine Familie zum Fels in der Brandung wurde, bis er am Ende seiner Reise angekommen und nun zum Herrn heimgekehrt war. Die Rede war sehr einfühlsam. Aber selbst mir, die mit Paul Bergmann eigentlich nichts verband außer der Freundschaft zu seinem Enkel, kamen die Tränen. Ich fühlte mit der Familie, die diesen Schmerz erleiden musste.<br />Die Trauergemeinde erhob sich und sprach ein abschließendes Gebet. Wieder erklang leise Musik. Vier Sargträger traten an den Sarg heran, räumten Kerzen und Kränze beiseite und hoben den Sarg an. Langsam verließen sie die Kapelle, gefolgt von der Familie des Verstorbenen, den Freunden und Bekannten. Wir gingen langsam durch den sommerlich leuchtenden Park zur Grabstelle. Dort richtete der Pfarrer noch einmal ein paar Worte an die Trauergemeinde. Danach wurde der Sarg in die Erde hinabgelassen. Toms Oma schluchzte laut auf. Er stützte sie, half ihr, einen Strauß Rosen auf den Sarg zu werfen und nahm sie in den Arm. Er selbst verabschiedete sich mit einer weißen Rose. Tränen liefen über sein Gesicht. Tom geleitete seine Oma an eine Stelle etwas seitlich vom Grab, wo ein Stuhl für sie bereit stand. Auch für Toms Mutter war dieser letzte Abschied schwer. Nach und nach verabschiedeten sich alle Anwesenden am Grab und bekundeten der Familie ihr Beileid. Auch Jasmin und ich ließen eine kleine Rose auf den Sarg fallen und gingen dann kurz zur Familie Bergmann. Toms Oma bemerkte kaum, dass man ihr die Hand gab. Sie schien ganz verloren in ihrer Trauer. Ich umarmte Tom kurz. Es bedurfte keiner Worte. Was sollte man auch sagen? Danach machten Jasmin und ich uns auf den Heimweg. Wir schlenderten durch den Park, ohne viel miteinander zu reden, ganz in Gedanken versunken.<br />„Was hältst du davon, wenn wir noch irgendwo in ein Café fahren und ein bisschen die Sonne genießen? Mir ist so kalt jetzt.“ Jasmin sah mich fragend an.<br />„Gute Idee.“<br />Wir stellten mein Auto bei ihr in der Straße ab und gingen in ein kleines Café in der Nähe. Wir hatten Glück und ergatterten einen Tisch in der Sonne, von dem gerade ein verliebtes Pärchen aufgestanden war. Wir waren beide froh, dass wir nur kurze Zeit Teil dieser Trauergemeinde waren und nun wieder Licht in unsere Seele fließen lassen konnten. </div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-68541141213978553312010-06-25T17:48:00.001+02:002010-06-25T17:50:27.377+02:00Chapter 14<div align="justify">Das Wochenende verbrachte ich in Urlaubslaune. Am Tag lachte die Sonne von einem stahlblauen Himmel und verwöhnte uns. Die Nächte waren lau, so dass ich lange mit einem Glas Wein auf dem Balkon saß und dann bei weit geöffnetem Fenster schlief. Ich genoss diese faulen Tage und verdrängte jeden Gedanken an die Agentur erfolgreich. Es hätte ewig so weiter gehen können. Doch auch die schönste Zeit hatte einmal ein Ende. Und so riss mich der Wecker Montagmorgen viel zu früh aus meinen Träumen. Ich blieb noch eine Weile liegen, schaute aus dem Fenster in den hellblauen Himmel, hörte den Nachbarn zu, wie sie die Türen schlossen und sich auf den Weg zur Arbeit machten.<br />Wäre ich nur im Bett geblieben, eingehüllt in meiner Urlaubswelt mit nach Sommer duftenden Gedanken.<br /><br />Der erste Tag zurück im Büro war meist eigenartig. Einerseits war es ganz schön, alle wiederzusehen und in die gewohnte Betriebsamkeit einzutauchen, andererseits war der Reise weg vom Alltag immer viel zu kurz. Ich versuchte mir meine Entspannung zu bewahren und meine Kollegen nicht mit schlechter Laune zu ärgern. Sie konnten ja nichts dafür, dass sich das Rädchen während meiner Abwesenheit ganz normal weiter gedreht hatte und ich noch nicht bereit war, wieder aufzuspringen.<br />Ich ging zu Tom ins Büro. Ich hatte ihn den ganzen Morgen noch nicht gesehen. Auf seinem Tisch stapelten sich Ordner und Unterlagen, aber von ihm keine Spur.<br />„Tom ist die Woche krank.“ Jasmin kam herein, um sich einige Unterlagen rauszusuchen. Ein Ziehen in der Magengegend machte sich breit.<br />„Was hat er denn?“ fragte ich.<br />„Weiß ich nicht. Irgendwas mit der Familie, glaub ich.“ Oh nein! Sein Opa!<br />„Und er hat nichts weiter gesagt?“ bohrte ich nach.<br />„Du, ich hab nicht mit ihm gesprochen. Er hat wohl nur Karin angerufen und sich krankgemeldet.“ Aus Karin würde ich kein Wort rausbekommen. Die Assistentin von Mr. P konnte geschwätzig sein wie ein Waschweib, aber manchmal war sie einfach nur biestig und tat so als wäre sie die Firmenpolizei und müsste alle Informationen vor den anderen Mitarbeitern beschützen.<br />Jasmin sah mich fragend an. „Weißt du was da los ist? Er war ja in letzter Zeit auch nicht so gut drauf.“<br />„Nee, auch nicht so genau“, versuchte ich abzulenken. „Wer weiß.“<br />Sollte ich ihn anrufen? Aber was, wenn es seinem Opa wirklich sehr schlecht ging, dann störte ich womöglich nur.<br />Ich entschied mich, am Abend anzurufen. Da wäre er sicher nicht mehr im Krankenhaus. Ich könnte auch Bee anrufen und nachfragen. Wir hatten bisher zwar nicht sehr viel miteinander zu tun gehabt, aber sie war eigentlich ganz nett und durch Zufall hatte ich auch ihre Telefonnummer. Wir waren an einem Wochenende zum Kanufahren verabredet gewesen und Tom und Bee hatten sich irgendwie verfranst und den Treffpunkt nicht gefunden. Da hatte er mich von ihrem Telefon aus angerufen.<br />Wenn ich ihn heute Abend nicht erreichen würde, wäre das eine Möglichkeit herauszubekommen, wie schlimm die Situation war.<br /><br />Gegen Mittag setzte ich mich mit Jasmin zusammen und wir gingen die Geschehnisse der letzten Woche durch. Es war nichts Nennenswertes passiert, keine Dramen, keine großartigen Erfolge. Daher brauchten wir nicht lange und ich war schnell wieder allein in meinem Büro. Die gute Laune und die Erholung des Urlaubs waren einem unguten Gefühl gewichen. Ich machte mir Sorgen um Tom. Die ganze Situation um seinen Opa nahm ihn sehr mit. Eigentlich wäre es dem alten Herrn zu wünschen, dass er bald friedlich einschlafen würde und keine Qualen leiden müsste. Dass er nicht erleben müsste, wie er von fremden Menschen gewaschen und gepflegt wird. Dass er in Würde gehen konnte.<br />Ich seufzte und machte mich wieder an die Arbeit. Am Nachmittag rief mich Maja an, um mir zu erzählen, dass wir noch weitere Zusagen für den Lesemonat erhalten hatten. Ich freute mich mit ihr und berichtete ihr von Tom.<br />„Oh, das klingt nicht gut. Aber vielleicht will er auch nur seine Mutter unterstützen oder sowas.“ Maja hatte recht. Vielleicht malte ich mir auch nur übertriebene Horrorszenarien aus. Vielleicht waren Arbeit und Familie momentan ein bisschen viel und er brauchte Zeit, um Kraft zu tanken.<br /><br />Gegen neun Uhr klingelte mein Telefon. Tom. Ich hatte früher am Abend versucht ihn zu erreichen, aber sein Handy war abgeschaltet. Ich hatte dann doch nicht Bee angerufen, das schien mir zu dramatisch.<br />„Hallo Tom! Wie geht es dir? Ich hab gehört, du bist krank.“<br />„Sady …“ Seine Stimme klang müde, kraftlos. „Es geht so.“<br />Ich wusste nicht, ob ich nachhaken sollte.<br />„Mein Opa. Er ist Freitag gestorben.“ Ich schluckte. Also doch. Wie reagierte man jetzt angemessen? Ich wusste genau, wie Trauer sich anfühlte, welche Stadien man durchlief. Und doch wusste ich nicht was ich sagen sollte. Warum hatte ich angerufen? Ich hätte hinfahren sollen! Mein Magen zog sich zusammen.<br />„Oh Tom! Das tut mir so leid.“ Er atmete schwer und schluckte. Er bemühte sich, die Fassung zu bewahren.<br />„Es ist besser so für ihn“, sagte er und räusperte sich.<br />„Und trotzdem ist es schlimm.“ Eine Pause entstand.<br />„Kann ich dir irgendwie helfen? Soll ich in der Agentur Bescheid geben?“<br />„Das wäre gut.“<br />„Gut. Mach dir keine Sorgen wegen der Arbeit. Das bekommen wir alles hin. Kümmere du dich um deine Familie. Das ist jetzt wichtiger.“<br />„Hmm.“ Ich konnte seinen Schmerz beinahe fühlen. Und doch konnte ich ihm nicht helfen.<br />„Tom …“<br />„Hmm?“<br />„Du weißt, du kannst jederzeit anrufen, wenn was ist.“<br />„Ja.“<br />Pause.<br />„Gut, ähm, dann …“, ich seufzte.<br />„Die Beerdigung ist am Donnerstag.“ Toms Stimme war rau, so als hätte er sie lange nicht benutzt.<br />„Okay.“ Mensch Sady, sag irgendwas!<br />Pause.<br />„Ich muss jetzt Schluss machen.“<br />„Ist gut.“<br />„Tschüß.“ Tom legte auf.<br />Ich legte das Telefon neben mich und rollte mich auf der Couch zusammen. Obwohl es draußen noch um die 20 Grad hatte, war mir kalt. </div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-16885053260884807952010-06-20T22:35:00.002+02:002010-06-20T22:37:48.044+02:00Chapter 13<div align="justify">Sonntagabend reisten Maja und ich auf Sylt an. Unser Hotel hielt was es versprach. Die reetgedeckten Häuser waren wunderschön und einladend. Am Empfang wurden wir mit einem Glas Champagner begrüßt, bevor man uns unter das Dach führte. Unser Zimmer war in einem warmen Crémeton gehalten. Das Ambiente war schlicht aber stilvoll und elegant. Auf einem kleinen Tischchen stand frisches Obst bereit und die Betten waren ein Traum aus weißen, weichen Kissen. Wir fühlten uns wie zwei Prinzessinnen.<br />Nachdem wir unsere Taschen ausgepackt hatten, machten wir uns auf zu einem Streifzug durch das Gebäude. Es gab einen gemütlichen Wellnessbereich, der keine Wünsche offen ließ, einen eleganten Speiseraum und zwei hauseigene Restaurants. Maja und ich gönnten uns ein leckeres Abendessen, stießen noch einmal auf ein paar entspannte Urlaubstage an und ließen den Abend bei einem Strandspaziergang ausklingen.<br /><br />Am nächsten Morgen wurden wir von Sonnenstrahlen geweckt, die durch die Vorhänge blitzten. Ich hatte tief und fest geschlafen, wie ich es nur selten in einem fremden Bett tat. Ein Blick auf die Uhr verriet, dass es bereits kurz nach 10 Uhr war. Zum Glück gab es Frühstück bis 12 Uhr, so dass wir es trotz allem ruhig angehen lassen konnten.<br />Es folgten drei, vier sonnenverwöhnte Tage. Wir hatten uns Fahrräder ausgeliehen und erkundeten die Insel auf sportliche Weise, lagen mit einem dicken Schmöker im Strandkorb, warfen uns in die kalten Fluten der Nordsee und klönten ausgiebig.<br />Am letzten Tag wollten wir faul sein und hatten es uns in einem Strandkorb gemütlich gemacht.<br />„Ach, warum muss ein so toller Urlaub immer so schnell vorbei sein?“ Maja, lag in ihrem türkisfarbenem Bikini neben mir und reckte ihr Gesicht der Sonne entgegen. „Ich könnte ewig hier bleiben.“<br />„Das wäre toll. Aber leider kann ich mir das keinen Tag länger leisten.“<br />Maja lachte. „Spielverderber!“<br />Ich blinzelte sie an. „Aber du hast recht. Eine Woche ist viel zu kurz. Aber zum Glück haben wir noch das Wochenende in Hamburg und müssen nicht sofort wieder in den Alltag zurück.“<br />„Ja, das stimmt. Obwohl ich mein Lädchen schon ein bisschen vermisse.“<br />„Das glaube ich dir gerne. Auf die Agentur könnte ich derzeit allerdings dankend verzichten.“<br />„Hmm. So schlimm?“<br />Ich überlegte. „Nee, eigentlich nicht. Aber schön ist es auch nicht. Es läuft einfach nicht rund momentan.“<br />Jetzt blinzelte Maja auch mich an.<br />„Aber lass uns darüber nicht jetzt reden. Wir haben Urlaub, traumhaftes Wetter und Probleme und dunkle Gedanken haben Inselverbot.“<br />Maja setzte sich auf, kramte in ihrer Tasche und holte eine Dose mit Weintrauben heraus. Aus der Kühlbox – ja, wir waren erstklassig vorbereitet – holte sie eine Flasche Sekt und öffnete sie mit einem „Plopp“.<br />„Auf unseren Urlaub!“ Wir stießen mit Plastiksektgläsern an und naschten Obst. Danach sanken wir zurück in den Strandkorb und ließen uns von der Sonne verwöhnen. Wären wir Katzen gewesen, hätte man uns ganz laut schnurren gehört, so zufrieden waren wir.<br /><br />Bevor wir am nächsten Tag zurück nach Hamburg mussten, wollten wir die Urlaubswoche am Abend mit einem tollen Essen beenden. Wir hatten vor zwei Tagen am Strand Paula und Jutta kennengelernt. Mutter und Tochter kamen auch aus Hamburg und gönnten sich ein Mal im Jahr ein paar Tage allein. Sie hatten uns ein kleines Restaurant am Strand empfohlen, in dem es leckeren gegrillten Fisch gab. Wir hatten einen Tisch bestellt und uns später mit den beiden auf einen Absacker dort verabredet.<br />„Bin ich satt! Und es war so lecker!“<br />„Allerdings. Aber ich könnte nicht einen Bissen mehr essen.“<br />„Nachtisch müssen wir wohl verschieben.“<br />„Ja bitte.“<br />„Wie spät ist es eigentlich?“<br />„Kurz nach neun. Paula und Jutta hatten sich für halb zehn angekündigt. Das passt ganz gut.“<br />„Bis dahin kann ich auch wieder normal atmen.“<br />Wir mussten lachen. Obwohl wir Fisch mit Gemüse gegessen hatten, waren wir so satt, dass wir uns kaum noch bewegen konnten.<br />„Lass uns einen Espresso bestellen, das ist jetzt genau richtig.“<br />Wir plauderten über dies und das, als Paula und Jutta zu unserem Tisch kamen.<br />„Na ihr beiden“, sagte Jutta lachend, „ ihr seht so aus, als hätte es geschmeckt.“<br />„Hallo ihr zwei! Es war phantastisch. Lieben Dank für den Tipp!“<br />Die beiden setzten sich zu uns.<br />„Wie war euer Tag? Ihr habt auch gut Sonne abbekommen, was?“ Die beiden hatten rote Wangen und Nasen und goldene Strähnen in ihrem dunkelblonden Haar.<br />„Wir waren faul und haben den ganzen Tag am Strand verbracht. Und ihr?“<br />„Wir auch.“ Wir lachten.<br />„Perfekt. Worauf habt ihr Lust? Sollen wir eine Flasche Wein bestellen oder lieber Cocktails?“<br />„Oh, ich hab Lust auf einen Cocktail,“ sagte ich. „Irgendetwas fruchtiges.“<br />„Ja, ich auch.“<br />„Gut, dann lasst und bestellen.“ Jutta winkte den Kellner heran und bat um die Karte.<br />Paula war wie Maja und ich Ende zwanzig und hatte Medizin studiert und sich auf eine Assistenzstelle in England beworben. Jetzt wartete sie ungeduldig auf Antwort. Jutta, Mitte fünfzig, arbeitete als Technische Zeichnerin in einem Architekturbüro und man merkte ihr an, dass in ihrer Brust zwei Herzen schlugen. Einerseits hoffte sie mit ihrer Tochter auf die Stelle in einer renommierten Klinik, andererseits wollte die Mama in ihr das Töchterchen nicht in die weite Welt ziehen lassen.<br />Unsere Cocktails wurden serviert und wir stießen auf einen schönen Abend an.<br />„Prost Mädels! Schön, dass wir uns getroffen haben“, freute sich Jutta.<br />„Prost! Und das wiederholen wir bald mal in Hamburg.“<br />„Unbedingt. Zum Glück ist Sylt ein ferner Stadtteil von Hamburg und man lernt hier viele ‚Nachbarn’ kennen.“<br /><br />Der Abend endete spät und feucht-fröhlich. Gegen drei Uhr morgens verabschiedeten wir uns von den beiden anderen und machten uns mit einem ordentlichen Schwips Richtung Hotel auf.<br />Am nächsten Morgen genossen wir ein ordentlichen Frühstück und fuhren gut erholt bei strahlendem Sonnenschein nach Hamburg zurück. </div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-12930711262668290192010-06-19T10:26:00.000+02:002010-06-19T10:27:41.943+02:00Chapter 12<div align="justify">Ich kam spät aus der Agentur und wollte nur noch meine Ruhe. Der Tag war sehr anstrengend gewesen. Ich wusste, dass sich unser Team nichts vorzuwerfen hatte. Dennoch setzte mir der Anpfiff vom Chef zu. Ich freute mich auf ein heißes Bad, ein Glas Wein und dann einfach nur noch ab ins Bett. Ich musste nur noch zwei Tage überstehen, dann hatte ich eine Woche Urlaub.<br />Ich machte mir Sorgen wegen Tom. Wenn er jetzt ausfallen würde, wäre mein Urlaub in Gefahr. In seiner momentanen Stimmung war dem Chef zuzutrauen, dass er uns vor die Wahl stellte und nur einer Urlaub nehmen konnte. Ich wünschte mir sehr, dass es nicht dazu kommen würde.<br />Ich ließ heißes Wasser in die Wanne laufen, gab einen Schuss Badezusatz hinzu und entkorkte eine Flasche Rosé. Manche Tage müsste man aus dem Kalender streichen können.<br /><br />Am nächsten Morgen fuhr ich eine Stunde früher ins Büro. Ich wusste nicht, ob Tom zurück war und seine Arbeit musste auch erledigt werden, zumindest das Nötigste. Da unser Team nicht sehr groß war und ich bereits die letzten Wochen immer mal bei ihm eingesprungen war, lag es nahe, dass ich ein Auge darauf haben würde. Aber auch ich musste meine Arbeit „urlaubsfein“ machen und für Jasmin zur Übergabe vorbereiten.<br />Als ich in der Agentur ankam, war Tom bereits da. Zum Glück! Ich hatte keine Lust auf meinen Urlaub zu verzichten, auch wenn das im Vergleich zum Verlust eines geliebten Menschen nicht so schlimm war.<br />„Ich hab eine Teambesprechung für 10 Uhr einberufen – ohne Mr. P. Wir sollten versuchen, das Beste aus der Situation zu machen, und können zeitgleich die Urlaubsübergabe besprechen.“ Tom stand in meiner Bürotür, während ich mein Jackett auf den Bügel hing und meinen Rechner hochfuhr.<br />„Das ist eine gute Idee. Wer weiß was da noch so kommt. Bei unserem Glück verlieren wir auch das nächste Projekt oder der Autor schlägt nicht so ein wie erwartet.“<br />„Mal den Teufel nicht an die Wand!“<br />„Wie geht es dir? Du siehst besser aus. Was macht dein Opa?“<br />Tom seufzte. „Es war ein Schwächeanfall. Es geht ihm den Umständen entsprechend. Lass uns ein anderes Mal darüber sprechen, ja?“<br />„Okay.“ Ich sah ihn prüfend an, aber seiner Miene war nicht zu entnehmen, ob er die Situation nur herunterspielte oder ob er einfach nur zu müde war, um darüber zu sprechen.<br />„Tom, ich hab mit Jasmin abgesprochen, dass sie meine Vertretung dieses Mal macht. Dann wäre es kein Problem, wenn du spontan, na ja … weg müsstest.“<br />„Hmm.“<br />Wir dachten beide daran, dass es beim nächsten Mal das letzte Mal sein könnte, dass er zu seinem Opa gerufen wird. Ich wollte ihn gern auf Bee ansprechen. Ihn fragen, was sie zu der ganzen Situation sagte. Aber ich traute mich nicht. Beim letzten Mal war das nicht so gut angekommen. Und eigentlich ging es mich auch nichts an.<br />„Okay, wir sehen uns dann später. Wir könnten auch noch zusammen Mittag machen? Bist ja nächste Woche nicht da.“<br />„Sehr gerne. Bis später dann!“<br /><br />Der Tag verlief ruhig. Keiner von uns hatte bahnbrechende Ideen, wie wir die vertrackte Situation lösen konnten, also entschieden wir uns, einfach wie bisher weiter zu machen und hofften, dass das nächste Projekt erfolgreicher war.<br /><br />Am Freitag übergab ich meine Sachen Jasmin und verabschiedete mich von Tom.<br />„Halt die Ohren steif!“<br />„Ja, ja. Es wird schon. Genieß du mal richtig deinen Urlaub und lass dir den Wind um die Ohren wehen. Dann kannst du schön entspannt hier ins Chaos zurückkehren.“ Er grinste mich schief an.<br />„Ich werde mir dort einfach einen reichen Schnösel schnappen und dann bin ich nur noch Hausfrau. Ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt!“.<br />Wir mussten beide lachen.<br />„Viel Erfolg!“ </div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-80352663101875649142010-06-18T17:31:00.001+02:002010-06-18T18:12:43.129+02:00Chapter 11<div align="justify">„Gut, gehen wir alles noch einmal durch: wir haben von 20 Autoren Zusagen erhalten, alles schriftlich festgehalten und im grünen Ordner abgeheftet. Die Konditionen sind geklärt. Wir haben Kontaktdaten, so dass wir bei Problemen jederzeit wen erreichen, und zwei, drei Alternativautoren hätten wir auch, falls einer ausfällt. Pro Lesung sind 30-40 Eintrittskarten verkauft worden, ausreichend Sitzmöglichkeiten haben wir, für Snacks danach sorgt deine Mutter, ausreichend Flyer vom Lädchen wurden gestern geliefert … so, noch irgendwas?“<br />„Ich hab alles auf der Checkliste abgehakt“, Maja knabberte nervös an ihrem Stift.<br />„Maja, alles ist gut. Nach unserem Urlaub haben wir noch 2 Wochen, bis dein Lesemonat beginnt. Und selbst dann kommen erstmal nur 4 Autoren in der ersten Woche dran. Wir schaffen das! Du wirst sehen es wird richtig gut werden.“<br />Maja war sehr aufgeregt, was die Leseveranstaltungen anging. Solche Events zu organisieren waren etwas Neues für sie. Ich versuchte sie so gut es ging zu beruhigen und hoffte darauf, dass alles glatt laufen würde und Maja dadurch wieder entspannter. Die Werbung für den Krimimonat war bei der Kundschaft des Lädchens gut angekommen. Wir setzten darauf, die Lesung persönlich zu halten und nicht zu viele Besucher einzuladen, so dass der Charme von Majas kleinem Buchladen mit seinen Sofas und Sesseln nicht verloren ging. Helena, Majas Mama, war sofort Feuer und Flamme und versprach für das leibliche Wohl während der Lesungen zu sorgen. An vier Abenden pro Woche sollte einen Monat lang den Krimifans das Gruseln gelehrt werden.<br />Bis zu unserem tollen Urlaub auf Sylt war es nur noch eine Woche. Wir hatten uns tatsächlich für das tolle <a href="http://www.aarnhoog.de/keitum/go.php?p=wohnen">Hotel</a> entschieden und konnten es kaum noch abwarten, endlich, endlich in diesem traumhaften Ambiente zu entspannen.<br /><br />Als ich am Mittwoch in die Agentur kam, herrschte bereits angespannte Geschäftigkeit. Hatte ich etwas verpasst? Als ich gestern ging, war alles ruhig. Kein großes Projekt kurz vor der Deadline, keine dramatischen Wendungen in Sicht. Aber so war das meistens. Unheilvolle Dinge kündigten sich selten an, sie trafen einen wie ein Blitz aus dem Nichts. So auch an diesem Tag. Ich schaltete meinen Rechner an und wartete darauf, auf meinen Posteingang zugreifen zu können. Ich hatte fünf neue Mails, drei davon von Mr. P. Das ließ mich nichts Gutes ahnen.<br />Der Deal mit einem vielversprechenden Autor war geplatzt. Eine andere Agentur hatte am Ende den Zuschlag erhalten und nun mussten wir unseren Kopf hinhalten. In einer halben Stunde war ein Meeting angesetzt. Fantastisch. So etwas passierte, es gehörte einfach zum Geschäft dazu. Natürlich war es alles andere als erfreulich. Die ganze Arbeit war umsonst gewesen und wenn sich herausstellen sollte, dass der Autor den Erwartungen entsprach oder diese sogar übertraf, war das eine gewaltige Niederlage. Es war richtig, zu analysieren, aus welchen Gründen der Autor die Agentur gewechselt hatte.<br />Mir war klar, dass dieses Meeting einem vernichtendem Wirbelsturm gleichkommen würde. Jetzt hieß es, erhobenen Hauptes in die Höhle des Löwen zu gehen und das Unwetter über sich ergehen zu lassen. Die nächsten Tage würde Eiszeit herrschen, doch dann würden sich die Wogen glätten. Neue Projekte würden bearbeitet werden und das Drama wäre (hoffentlich) vergessen.<br />Tom saß in seinem Büro und schien ebenso begeistert zu sein, über den anstehenden Termin, wie ich.<br />„Was für ein Morgen! Als wenn nicht so schon alles anstrengend genug wäre, müssen wir uns jetzt auch noch den Kopf abreißen lassen.“ Tom rief sich müde die Augen.<br />„Augen zu und durch. Hilft ja leider nichts. Ich wüsste auch nicht, was wir anders hätten machen sollen. Wenn die andere Agentur bessere Konditionen hat als unsere, dann ist das eben so. Mr. P wollte nicht das kleinste Zugeständnis machen. Was hätten wir also tun sollen?“<br />„Sag ihm genau das und du kannst deine Sachen packen.“<br />„Ich weiß.“<br />Wir saßen schweigend in Toms Büro und warteten, dass das Meeting anfing. Nicht, dass ich es kaum hätte abwarten können, aber je schneller es anfing, desto schneller war es auch wieder vorbei.<br /><br />Der Termin mit Mr. P verlief schlimmer als erwartet. Er schrie und tobte, dass die Wände wackelten. Es war egal was wir sagten, es machte es nicht besser. Nach einer dreiviertel Stunde schlichen wir zurück in unsere Büros. Selbst die Dollberg zog mit gesenktem Kopf ab.<br />Ich schloss meine Bürotür hinter mir und setzte mich an meinen Schreibtisch. Solch ein Donnerwetter war nie schön, selbst wenn man wusste, dass es nicht unbedingt gerechtfertigt war. Ich brauchte jetzt ein bisschen Ruhe, keine Kollegen, nur meine Arbeit.<br />Ich hatte gerade ein Manuskript geöffnet, als es an meiner Tür klopfte und Tom in mein Büro trat.<br />„Sady, ich muss weg. Mein Opa liegt wieder im Krankenhaus.“ Was für ein Timing.<br />„Scheiße. Oh man, das tut mir leid.“ Ich stand auf legte ihm eine Hand auf den Arm.<br />„Kann ich dir irgendwie helfen?“ Ich hatte Tom selten so müde und erschöpft gesehen.<br />„Ich fahr erstmal hin. Dann werd ich weiter sehen. Tut mir leid, dass ich dich jetzt hier mit dem Schlamassel hängen lasse. Aber ich <em>muss </em>da jetzt hin.“<br />„Ach, hör auf! Das versteh ich doch. Ich grab mich hier ein, und mach weiter wie gehabt. Du kannst an der Situation jetzt auch nichts mehr ändern. Fahr zu deiner Familie.“<br />„Danke.“<br />„Und meld dich, wenn irgendwas ist!“<br />„Das mach ich.“ Mit hängenden Schultern verließ Tom mein Büro. Er tat mir leid. Die Situation mit seinem Opa sah nicht gut aus. Allen war klar, dass das Ende bevor stand. Es war auch das Beste für den alten Mann, aber für die Angehörigen war jeder Verlust schlimm. Ich hoffte, dass es schnell gehen würde. </div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-12749763304362381782010-06-15T18:59:00.002+02:002010-06-15T19:02:01.173+02:00Chapter 10<div align="justify">Die folgenden Wochen verliefen im immer gleichen Alltagstrott. Die Arbeit in der Agentur stapelte sich bergeweise, was einerseits schön war, denn ich überarbeitete gerne Manuskripte, setzte mich mit Autoren in Verbindung, organisierte Lesereisen und solche Dinge. Andererseits arbeitete ich dabei gern auf meine Weise und nicht mit dem Anstandswauwau des Chefs.<br /><br />Tom versuchte weiterhin Familie und Job halbwegs gerecht zu werden. Seinem Opa ging es immer schlechter. Inzwischen war er in ein Pflegeheim verlegt worden und die Oma wohnte nun ganz allein im großen Haus. Es war keine gute Lösung, aber Alternativen gab es nicht wirklich. Tom versuchte so gut es ging, sich nichts anmerken zu lassen, aber die Situation belastete ihn sehr. Er machte seine Arbeit gerne, was aber oftmals hieß bis spät abends in der Agentur zu sein. So gab es immer einen Gewissenskonflikt – wollte er seiner Familie beistehen, musste er auf irgendeine Weise seine Arbeit vernachlässigen; arbeitete er lange, um ein Projekt voranzutreiben, hatte er das Gefühl, seine Familie im Stich zu lassen. Ich versuchte, ihn so gut es ging zu entlasten und verbrachte sehr viel Zeit an meinem Schreibtisch oder nahm Arbeit mit nach Hause. Eine weitere Kollegin (neben der Dollberg) war uns zugeteilt worden, so dass wir etwas mehr Luft hatten. Trotz allem freute ich mich auf ein paar freie Tage. Ich hatte für Anfang August Urlaub eingereicht und schmiedete mit Maja bereits Pläne, auf eine der Nordseeinseln zu fahren. Das Wetter sollte gut werden und so freuten wir uns auf Sonne, Meer und gute Bücher.<br />Vorher hieß es aber, neben der Arbeit noch Majas erste Lesereihe im <em>Buchlädchen</em> zu organisieren. Sie hatte sich entschlossen zwei verschiedene Varianten auszuprobieren. Sie wollte einen Lesemonat mit diversen Krimiautoren ausprobieren. Plan war es, Autoren einzuladen, die ihre neuesten Thriller und Krimis vorstellten und aus ihnen vorlasen und im Anschluss gab es eine Fragestunde mit den Lesern. Um auch die ganze junge Kundschaft auf Dauer anzuziehen, sollte es jeden zweiten Samstagvormittag zwei Lesestunden für Kinder geben. So konnten die Eltern entspannt ihren Wochenendeinkauf erledigen oder sich mit Freunden treffen und die Sprösslinge waren gut unterhalten. Majas Schwester Mia war Pädagogin und wollte bei der Betreuung der Kinder helfen. Denn auch wenn die geladenen Autoren Kinderbücher geschrieben hatten, war nicht davon auszugehen, dass diese auch eine ganze Horde ihrer Leserschaft zwei Stunden lang im Griff hatte. Für beide Veranstaltungen hatten wir schon einige Zusagen von Autoren, warteten aber noch auf ein paar weitere.<br />Der Lesemonat war für nach unserem Urlaub angesetzt. Wir wollten die Organisation dennoch vorher abgeschlossen haben, so dass wir die Tage am Meer auch wirklich genießen konnten. Alles in allem sah es schon gut aus, es fehlte nur noch der Feinschliff.<br />Das freie Arbeiten machte mir viel mehr Spaß als meine „richtige“ Arbeit im Büro. Manchmal dachte ich darüber nach, mich selbständig zu machen, meine eigenen Projekte durchzuführen und verschiedene Bereiche zu kombinieren. Leider hatte ich weder eine reiche Erbtante noch spielte ich Lotto. Und ein Banküberfall erschien mir doch etwas zu riskant. Ich konnte stundenlang davon träumen, wie mein Büro aussah, klein aber fein in einer schicken Hamburger Gegend; wie es wäre, mein eigener Chef zu sein und der von ein paar Mitarbeitern. Der Start würde schwierig werden, aber ich hatte in den letzten Jahren ein paar gute Kontakte geknüpft, durch die der Einstieg etwas leichter werden würde. Majas <em>Lädchen</em> würden wir mit den geplanten Lesungen gut in Fahrt bringen, so dass ich auch sie zu meinen Kunden würde zählen können.<br />Ich träumte noch eine Weile vor mich hin. Dann sah ich, dass ich eine Email von Maja erhalten hatte.<br /><br /><em>Hey Sady, geh mal auf die Seite <a href="http://www.aarnhoog.de/keitum/go.php">http://www.aarnhoog.de/keitum/go.php</a><br />Wie findest du das Hotel? Das ist doch toll, oder? Ich weiß, ganz schön teuer, aber frau gönnt sich ja sonst nichts! Genau richtig für unseren Urlaub im August. Ben ist neidisch, dass er keine Zeit hat und uns Mädels allein fahren lassen muss :)<br />Meld dich bald, damit wir noch ein Zimmer mit Meerblick ergattern!!<br />Küsschen<br />Maja<br /></em><br />Das Hotel war traumhaft schön – und traumhaft teuer. Aber Maja hatte recht. Wir mussten uns eine richtige Auszeit gönnen und das Hotel versprach Urlaub vom Feinsten. Ich lud Maja am Abend auf einen Wein zu mir ein. Gemeinsam machte das Urlaub buchen doch gleich viel mehr Spaß.</div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-38436752291391095572010-06-14T17:52:00.003+02:002010-06-14T18:04:08.822+02:00Chapter 9<div align="justify">Sonntagmorgen wachte ich gegen 10 Uhr auf. Froh darüber, dass es diesmal eine für das Wochenende angemessene Uhrzeit war, drehte ich mich noch einmal um, schaltete das Radio an und genoss es, faul zu sein. Ich hatte mir vorgenommen, dem Sonntag alle Ehre zu machen und mich ausgiebig dem Nichtstun zu widmen. Mein Krimi näherte sich dem Ende und wartete bereits ungeduldig darauf gelesen zu werden. Außerdem sollte ich mich etwas eingehender mit der Hochzeitseinladung auseinandersetzen. Ich hatte letzte Woche zugesagt, und nachgefragt, ob es eine Art Hochzeitstisch gab. Eigentlich war so etwas nichts für mich, ich schenkte nicht gerne nach Vorgabe. Aber es gab nun einmal diesen Brauch.<br />Nach einem ausgiebigen Frühstück setzte ich mich auf den sonnigen Balkon und verschwand für ein paar Stunden in Philadelphia zur Mörderjagd. Tiffi & Co. waren im nachbarlichen Garten natürlich auch wieder mit am Start, so dass der Sonntag ganz traditionell von statten ging. Bei Wein und Tatort ließ ich den Tag ausklingen. Bevor ich ins Bett ging, rief ich meine Mails ab. Jenny hatte mir geantwortet und ein paar Informationen zur Hochzeit geschickt – Farbwünsche bei der Kleiderordnung sowie eine Geschenkeliste. Und die hatte es in sich! Die Wünsche lagen preislich zwischen 100 und 250 Euro. Wow! Ich war entsetzt. Ich war in einem Alter, in dem im Jahr zwei bis drei Hochzeiten anstanden. Ich sollte mir wohl so langsam Gedanken über einen Kredit machen. Inklusive Anreise und neuem Kleid – die Wunschfarben der Braut passten nicht zu meinem üblichen Hochzeitsoutfit – kamen schnell 300 bis 400 Euro zusammen. Nicht genug, dass ich alleine dort würde hingehen müssen, nein, es würde mich finanziell auch noch ruinieren. Ich speicherte etwas schockiert die Liste ab und entschied, die Entscheidung bezüglich eines Geschenks zu verschieben.<br /><br />Am nächsten Morgen verdrängte ich den Gedanken an die Hochzeit mitsamt dem ganzen Drum und Dran und begab mich in die Agentur. Dort angekommen stapelten sich bereits diverse Post-Its auf meinem Schreibtisch. <em>Dringend!</em> – <em>Rückruf!</em> – <em>Bis vorgestern!</em> Das klang nach einer anstrengenden Woche. In meinem Postfach sah es ähnlich aus. War ich denn die Einzige, die am Wochenende nicht gearbeitet hatte? Kaum, dass ich mich in die Arbeit vertieft hatte, kam eine Terminanfrage von Mr. P. Was für ein Wochenstart!<br />Tom klopfte an meine Tür.<br />„Komm rein, wenn dich Chaos nicht stört“, sagte ich halb im Scherz.<br />„Bei dir auch so ein Stress?“ Er sah ganz schön fertig aus.<br />„Ja. Wie geht es dir denn?“<br />„Na ja. Die Projekte laufen alle halbwegs. Nur die Dollberg mischt sich ständig ein. Als wenn sie keine eigenen Projekte hätte!“ Ich schaute ihn vielsagend an.<br />„Und zu Hause ist es auch etwas anstrengend. Opa will nicht ins Heim, er sagt, es geht schon irgendwie. Oma will nicht alleine in dem Haus bleiben und weint ständig. Und meine Ma sitzt zwischen allen Stühlen. Denn zu sich nehmen kommt auch nicht in Frage.“<br />„Oh man. Klingt fantastisch. Wie geht es ihm denn?“<br />„Frag nicht. Er war ja vorher schon vergesslich, aber jetzt ist es richtig schlimm. Dazu kommt, dass er extrem wackelig auf den Beinen ist und eigentlich rund um die Uhr Pflege braucht. Das ist teuer, wir können das alles aber auch nicht selbst leisten. Meine Ma kann ja schlecht ihre Arbeit aufgeben.“ Tom sah müde aus.<br />„Was sagt denn Bee dazu? Kannst du denn ab und an zu ihr ‚flüchten’?“<br />„Ja, das geht schon. Aber ich glaube, ihr ist das alles ein bisschen viel.“ Wie bitte?! Verständlich, dass das keine einfache Situation ist, aber Tom brauchte ihre Unterstützung. Tom sah mir meine Gedanken an.<br />„Sie hilft mir wirklich sehr, aber es ist eben nicht ihre Familie. Ich kann verstehen, dass sie die Belastung nicht auf sich nehmen will.“<br />„Ach, und du hast eine Wahl, oder was?!“<br />„Was soll das denn jetzt?“ Tom funkelte mich böse an.<br />„Entschuldige, ist nicht mein Tag heute. Ich finde es nur selbstverständlich, für den anderen da zu sein, wenn er eine schwere Zeit durchmacht.“<br />„Das ist sie.“<br />„Gut.“<br />„Pack das Kriegsbeil wieder ein, ich kann nicht auch noch mit dir Stress haben.“ Schön, dass Männer so unkompliziert waren. Ich lächelte ihn an.<br />„Hast ja recht. Lass uns einen Kaffee holen und dann über die zwei neuen Projekte reden. Mr. P hat es nicht gern, wenn wir unvorbereitet sind.“<br />„Aber unsere Vorbereitung wird seinen Ansprüchen auch nie gerecht …“ Ich seufzte.<br />„Sehr motivationsfördernd, Tom. Danke.“<br /><br />Das Meeting verlief wie immer. Jeder stellte seine aktuellen Projekte vor, Mr. P gab seinen Senf dazu und am Ende war nichts klarer als vorher. Tom und ich bekamen die Dollberg zugeteilt, damit „sichergestellt ist, dass die Projekte so ablaufen, wie ich das wünsche“. O-Ton Mr. P. Äh ja, genau. Ich arbeitete nicht gerne mit dieser Frau zusammen (falls das noch nicht so ganz rüber gekommen war), und schon gar nicht, wenn ich drohte unter Arbeitsbergen zu versinken. Sie wusste immer alles besser und liebte es, bis spät in die Nacht und am Wochenende zu arbeiten – und alle anderen Projektbeteiligten auch zu diesen Zeiten zu kontaktieren. Aber es half nichts. </div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-54479548844282774372010-06-12T23:08:00.006+02:002010-06-12T23:34:55.471+02:00Chapter 8<div align="justify">Schweißgebadet wachte ich auf. Mein Herz klopfte wild, eine undefinierbare Angst hatte mich fest im Griff. Ich hielt den Atem an und lauschte in die tiefe Nacht. Irgendwo schrie eine Katze, in der Ferne rauschten Autos die Straße entlang. Ich war zu Hause, in meinem eigenen Bett, alles war in Ordnung. Mein Herzschlag normalisierte sich. Ich rollte mich auf die Seite, zog die Decke bis über beide Ohren und versuchte den Traum abzuschütteln. Ich konnte mich nicht genau erinnern, wovon er handelte, aber er hinterließ ein beklemmendes Gefühl. Solche Träume überfielen mich ab und an. Überraschenderweise dann, wenn es mir ziemlich gut ging, ich einen tollen Abend hatte oder rundum glücklich und zufrieden war. Vielleicht waren sie eine Warnung, dass man nie vergessen sollte, das Gute zu wertschätzen, denn es konnte schnell vorbei sein.<br />Ich lag eine ganze Weile wach, bis mir klar wurde, dass ich nicht mehr einschlafen würde. Ich sah auf die Uhr, 4:38. So viel dazu, dass Wochenende war und ich ausschlafen konnte. Ich ging in die Küche und setzte Teewasser auf. Am Horizont färbte sich der Himmel rosa. Es würde ein sonniger Tag werden. Mit einer dampfenden Tasse Schwarztee ging ich zurück ins Bett. Ich konnte genauso gut jetzt Majas Konzept ausarbeiten, an Schlaf war nicht mehr zu denken. Ich überlegte hin und her, ging verschiedene Möglichkeiten durch – regelmäßige Lesungen zu verschiedenen Themen, eine Lesewoche über Krimis, Kindersamstage, monatliche Leseabende für Frauen. Ich tauchte ein in meine Arbeit und erstellte am Ende drei verschiedene Konzepte. Maja sollte selbst entscheiden, was am Besten für sie und ihr Lädchen passte.<br />Es war inzwischen kurz vor acht. Noch immer hatte ich das Gefühl, dass mir der Traum anhing. Ich musste raus. Rasch zog ich meine Laufsachen an und fuhr an die Alster. Dort angekommen stöpselte ich mir <a href="http://www.youtube.com/watch?v=5_pmKPWLBrE">Musik</a> ins Ohr und lief los. Trotz der frühen Stunde waren schon einige Läufer unterwegs. Als Belohnung gab es klare Luft, die langsam von der Sonne erwärmt wurde und silbern glitzerndes Wasser gekrönt von ersten weißen Seegelbootzipfeln. Ich merkte, wie der Traum nach und nach verblasste und meine Laune stieg. Als ich meine Runde beendet hatte war es warm geworden. Auf dem Heimweg hielt ich bei einem Bäcker an und kaufte mir 2 Croissants. Nach diesem Start ins Wochenende konnte ich mir die getrost gönnen.<br />Ich schloss die Tür auf und mein Blick wanderte sofort zum Anrufbeantworter. Ich weiß, es war total albern, aber irgendwie hoffte ich, dass dieser Marc wieder anrufen würde. Das Licht blinkerte. Oh! Mein Herz machte einen Hüpfer. Ich machte einen Satz durch den Flur und hörte die Nachricht ab.<br />„Nein, es ist nicht Marc, es bin nur ich“, Maja lachte. Ein bisschen enttäuscht ließ ich mich auf die Couch im Flur fallen und zog meine Laufschuhe aus.<br />„Ich wollte fragen, ob du Lust auf eine Kanutour hast? Schläfst du noch? Ok, wenn du wach bist, dann ruf zurück. Wir wollten so gegen zwei am Bootsverleih sein. Bis später!“<br />Wie kann man nur so albern sein und hoffen, dass ein Typ, der sich lediglich verwählt hatte, noch mal anrufen würde? Und dann? Warum sollte er das auch tun? Ich kannte diese Tina schließlich nicht und konnte ihm also auch nicht helfen. Seufzend stand ich auf und kochte mir einen Kaffee. Kanutour klang gut. Mit Maja und Ben war das immer ein Heidenspaß. Ich könnte noch schnell ein paar Muffins backen und als Proviant mitnehmen. Ich rief Maja zurück und sagte ihr zu.<br /><br />Wir verbrachten einen sehr lustigen Nachmittag auf Hamburgs Kanälen. Wie erwartet kamen die Muffins gut an. Maja hatte Prosecco dabei, so dass wir leicht beschwipst unsere Bootstour beendeten. Danach lud Ben uns ein mit zu ihm zu kommen, wo er uns Pizza backen wollte. Ich hatte Maja von meinen Konzepten berichtet und mich mit ihr für Montagmittag verabredet, dann hatten wir genug Zeit ausführlich darüber zu sprechen.<br />Nun lag ich wieder in meinem Bett. Das ungute Gefühl vom Morgen kam langsam zurück. Ich war hundemüde und konnte doch nicht einschlafen. Ich starrte meine Schlafzimmertür an, ja hypnotisierte sie beinahe. Was, wenn jetzt jemand hereinkommen würde? Was würde ich tun? Mich schlafend stellen? Ich musste nun doch lächeln. Manchmal fühlte ich mich immer noch wie das kleine Mädchen, das Angst vor der vermeintlichen Schlange unterm Bett hatte und deshalb stundenlang wach lag, weil es sich nicht traute aufzustehen und zur Toilette zu gehen, aus Angst, die Schlange könnte sie fressen. Wenn es nicht mehr auszuhalten war hatte ich zuerst unters Bett geguckt, bevor ich dann im Dunkeln ins Bad flitzte. Wer also sollte in meine Wohnung einbrechen mitten in der Nacht? Es gab nichts zu holen und da ich immer den Schlüssel im abgeschlossenen Schloss stecken ließ, würde ich es hören, wenn sich jemand Zutritt verschaffte. Ich redete mir gut zu und fiel in einen unruhigen Schlaf. </div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-3777847634303784250.post-44840897694442022422010-06-11T22:42:00.004+02:002010-06-12T12:14:24.459+02:00Chapter 7<div align="justify">Freitag war Mädelsabend angesagt. Ich fuhr direkt von der Agentur zu Majas <em>Buchlädchen</em>. Ich kannte Maja schon aus dem Kindergarten, und bereits damals war kein Bilderbuch vor ihr sicher. Während unseres Studiums stapelten sich in unserer Wohnung bergeweise dicke Schmöker – Thriller, Schnulzen, Sachbücher, Kinder- und Jungendbücher. Wir hätten jeder Bibliothek Konkurrenz machen können. Vor einem Jahr hatte Maja genug Geld zusammengespart und konnte sich ihren größten Traum erfüllen: ein eigenes Buchgeschäft. Das <em>Buchlädchen</em> war inzwischen mein zweites Wohnzimmer. Es gab nicht nur uralte Regale mit vielen tollen Büchern sondern auch 2 große gemütliche Sofas und 2 Sessel, in denen ich für Stunden versinken konnte. Da Maja wollte, dass niemand nach fünf Minuten wieder ging, gab es auch eine Kaffee-Bar und ihre Mutter versorgte sie jeden Tag mit diversen frisch gebackenen Kuchen.<br />Als ich ankam, stand Maja neben einer älteren Dame und einem kleinen Mädchen, das vermutlich ihre Enkelin war, vor dem Kinderbücherregal. Das Mädchen strahlte über das ganze Gesicht.<br />„Wir haben schon in dem großen Buchhaus in der Innenstadt nachgefragt, aber dort konnte man uns nicht helfen. Toll, dass wir das Buch heute noch hier gefunden haben“, freute sich die Dame.<br />„Es freut mich, dass ich Ihnen helfen konnte. Möchte die junge Dame noch einen Kakao bevor sie mit der Oma zum Schmökern nach Hause geht?“ Die Kleine blickte fragend zu ihrer Großmutter.<br />„Für Oma haben wir auch Kaffee da“, sagte Maja freundlich an die ältere Dame gerichtet. Oma und Enkelin nahmen das Angebot gerne an und gingen an die Kaffee-Bar. Es freute mich, zu sehen, dass das <em>Buchlädchen</em> inzwischen so erfolgreich lief. Zu Beginn war es schwer sich gegen die großen Buchhäuser durchzusetzen, aber es hatte sich herumgesprochen, dass man hier nicht nur Bücher bekam, sondern auch leckeren Kuchen. Und Maja merkte man ihre Leidenschaft für Bücher an. So hatte sie es geschafft, in knapp einem Jahr einen kleinen Stammkundenkreis aufzubauen.<br />Ich blätterte gerade in dem Prospekt mit Neuerscheinungen, als Maja zu mir rüber kam.<br />„Hey Sady! Schön, dass du schon da bist.“ Wir umarmten uns zur Begrüßung.<br />„Wenn die beiden Ladies fertig sind, mache ich das Lädchen zu. Dann können wir zu Luigi gehen, Pizza essen und Prosecco trinken. Ich hab schon einen Tisch bestellt.“ Auf Maja war Verlass.<br />„Super, ich komme um vor Hunger!“<br />„Geht mir ähnlich.“ Maja grinste mich an.<br />„Es läuft momentan ganz gut, oder?“<br />„Ja, aber es könnte noch besser sein. Auf jeden Fall komme ich gut über die Runden.“<br />„Was hältst du denn von einer Lesereihe oder einem festen Lesetag für Kinder, oder sowas?“ Ich hatte schon öfter darüber nachgedacht, dass solche Veranstaltungen gut zu Majas Konzept passten.<br />„Daran hatte ich auch schon gedacht. Lass uns nachher bei der Pizza weiter darüber sprechen. Da fällt uns sicher noch was Schönes ein.“ Maja hatte immer ein bisschen Angst, ihr Konzept weiter auszubauen. Um konkurrenzfähig zu bleiben, mussten wir aber noch mehr Leser an das <em>Buchlädchen</em> binden. Und ich hatte auch schon eine Idee.<br />Die ältere Dame und ihre Enkelin verabschiedeten sich von Maja und versprachen, bald wiederzukommen.<br /><br />Eine Stunde später saßen wir bei Luigi. Das nette italienische Restaurant war nicht weit von Majas Wohnung entfernt und inzwischen zu unserem Lieblingsitaliener geworden. Den ersten Prosecco spendierte uns Luigi meist auf Kosten des Hauses. Wir teilten uns eine große Pizza und danach natürlich Tiramisu. Luigis Tiramisu war das weltbeste, dass ich jemals gegessen hatte.<br />„Oh man, war das wieder lecker!“ Maja lehnte sich zurück und strich sich Kakaostaub vom Kinn.<br />„Allerdings. Das bedeutet aber auch eine Runde extra um die Alster. Dieses Tiramisu hat mindestens 2000 Kalorien!“ Wir mussten beide lachen.<br />Wir gossen uns noch einmal Prosecco nach.<br />„Sag mal, hat sich eigentlich dieser Typ von deinem AB noch mal gemeldet?“<br />„Oh, das hätte ich jetzt beinahe vergessen!“ Ich berichtete Maja von Marcs Anruf am Mittwochabend.<br />„Hmm. Und nun?“<br />„Was, und nun?!“ Ich sah Maja fragend an.<br />„Na ja, du hättest ihn fragen können, ob er sich mit dir trifft.“<br />„Ja, nee, ist klar“, ich musste lachen. „ ‚Entschuldigen Sie, aber wenn Sie mal wieder in Hamburg sind und Ihre Süße keine Zeit hat, hätten Sie dann was dagegen, sich mit mir auf einen Kaffee zu treffen?’ Gute Idee!“<br />„Stimmt. Bisschen komisch. Schade, aber vielleicht meldet er sich ja noch mal.“<br />„Warten wir es ab. Aber sag mal, wegen des Lädchens. Was hältst du davon, wenn du regelmäßig Lesungen veranstaltest. Vielleicht auch was für Kinder?“<br />„Darüber hab ich auch schon nachgedacht, aber ich weiß nicht so recht.“ Maja stützte ihren Kopf auf ihre Hand.<br />„Was spricht denn dagegen? Dadurch werden noch mehr Leute auf das Buchlädchen aufmerksam und du vergrößerst deine Stammkundschaft. Logisch, dass nur Lesungen stattfinden zu Themen, die zu deinem Ambiente passen.“<br />„Sady, du hast doch da schon was Konkretes im Kopf, oder?“ Maja lächelte mich an.<br />„Wir haben da so einen neuen Autor. Der ist noch ziemlich unbekannt und ich dachte mir, eine Lesereise wäre genau das Richtige für ihn. Und zufällig auch genau richtig für dein Lädchen.“ Maja war noch nicht wirklich überzeugt.<br />„Ich denk da mal über ein Konzept für dich nach und dann sehen wir weiter, was meinst du?“<br />„So machen wir das.“ Wir stießen an.<br />„Bellíssimas! Wasse tute ihre feiern?“ Luigi stand bereits mit Nachschub neben unserem Tisch.<br />„Ach, Luigi, vielleicht sollten wir mal einen italienischen Abend im Buchlädchen machen? Und du steuerst dein phänomenales Tiramisu bei!“ Wir strahlten ihn an.<br />„Aber natürliche, alles wasse ihre wollt!“ Luigi lachte rollend, tätschelte uns väterlich die Schultern und ging zurück in die Küche.<br />Wir ließen den Abend gemütlich ausklingen. Mein Auto ließ ich stehen und fuhr mit dem Taxi nach Hause. </div>Sady Smitzhttp://www.blogger.com/profile/16215718389801640634noreply@blogger.com2