Chapter 20

Das Wochenende verbrachte ich auf meiner Couch. Meine Stimmung schwankte zwischen Selbstmitleid, Wut, aufkeimendem Optimismus, Traurigkeit. Passenderweise war das Wetter umgeschlagen. Der Himmel hatte sich zugezogen uns es regnete immer wieder. Auch die Temperaturen waren gefallen.
Die Nacht mit Tom hatte ich inzwischen so oft in Gedanken wiederholt, hin und her gewendet und von allen Seiten betrachtet, dass sie ganz unwirklich schien. Mir war, als hätte ich das nur geträumt. An sich war alles nicht weiter schlimm, aber doch verfahren.
Als ich Montagmorgen aufwachte fühlte ich mich wie nach einem schlechten Traum. Doch ich wusste, das es anders war. Das mir das Gefühl nicht einfach nur den ganzen Tag noch in den Knochen stecken würde, sondern dass ich mich mit der Situation auch weiterhin würde auseinandersetzen müssen. Heute würde Tom wieder in die Agentur kommen und ich hatte bisher nicht wieder mit ihm gesprochen. Wie sollte ich mich ihm gegenüber verhalten? Sollte ich so tun, als wäre nichts weiter passiert? Sollte ich ihn fragen, wie es ihm geht? Ob er mit Bee gesprochen hatte? Sollte ich ihm gar meine Hilfe anbieten? Oder mich entschuldigen? Ich wusste es einfach nicht.
Mir graute es davor, aufzustehen. Wenn der Tag doch nur schon vorbei wäre! Dann wüsste ich wenigstens, auf was ich mich die nächsten Wochen einstellen konnte. Die Arbeit in der Agentur machte mir in letzter Zeit nicht mehr so viel Spaß wie zu Beginn. Wenn die Zusammenarbeit mit Tom jetzt durch diesen dummen Fehler anstrengend werden würde, wäre das nicht gerade vorteilhaft.

Eine gute Stunde später war ich auf dem Weg in die Agentur. Beim Coffee Shop neben der U-Bahn-Station holte ich mir einen Kaffee und ging die letzten Meter in die Agentur. Dort herrschte bereits rege Geschäftigkeit. Aber Tom war noch nicht da.
Kaum hatte ich mich in das erste Projekt eingelesen, hörte ich seine Stimme auf dem Flur. Mein Herz setzte einen Moment aus. Los Sady, Augen zu und durch. Ich ging in rüber in Toms Büro.
„Hey.“
„Hey ...“ Tom sah auf. Kein Lächeln lag auf seinen Lippen.
Wir schwiegen uns an.
„Ähm, Jasmin hat gesagt, du hättest dich um meine Sachen gekümmert. Danke. Hast du heute Nachmittag Zeit? Dann können wir Übergabe machen.“
Wir taten also so als wäre nichts passiert. Ich hatte mir gewünscht, dass es so wäre. Das war das einfachste von allen Alternativen. Einfach tun als wäre Tom Donnerstagabend nicht zu mir gekommen. Dann könnten wir weiterhin Freunde sein. Aber jetzt merkte ich, dass ich genau das nicht konnte. Ich konnte nicht so tun als ob. Ich wollte, ich musste darüber mit Tom reden.
„Ja, ich hab Zeit.“
„Prima. Ich stell dir einen Termin ein.“ Tom sah wieder auf seinen Bildschirm, war plötzlich sehr beschäftigt. Ich schluckte, drehte mich um und schickte mich an zu gehen. In der Tür drehte ich mich noch einmal um.
„Tom?“ Er blickte auf.
„Ja?“
„Wegen Donnerstag –“
„Sady. Da gibt es nichts weiter dazu zu sagen.“ Toms Ton war schärfer geworden. So kannte ich ihn nicht. Ich zog eine Augenbraue hoch.
„Okay ... Vielleicht nicht hier, aber ...“
„Nein, Sady. Es war ein Fehler und ich will darüber nicht sprechen.“ Zorn keimte in mir auf.
„Ja, aber ich vielleicht.“
„Nein.“
„Tom“, ich trat einen Schritt in sein Büro und schloss die Tür. „Es war ein Fehler, ja. Aber den haben wir beide begangen. Und dann kannst du nicht alleine entscheiden, wie wir damit umgehen.“
„Du auch nicht.“
„Aber ...“
Tom stand auf, öffnete die Tür.
„Sady, es ist besser, wenn du jetzt gehst.“

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