Chapter 22

Als ich in Heathrow ankam, freute ich mich nicht wie sonst, auf diese tolle Stadt. Ich war nicht hier, um durch die verschiedensten Stadtviertel zu schlendern, neue Klamotten zu shoppen, Sehenswürdigkeiten anzusehen. Ich wollte mir klar werden, wie es weitergehen sollte. Wollte ich in der Agentur bleiben? Wenn ja, wie konnte ich etwas an der jetzigen Situation ändern? Oder sollte ich es wagen und einen ganz anderen Weg einschlagen, kündigen und ganz neu anfangen? Aber was sollte ich dann tun? Ich hatte zwar Hundert verschiedene Ideen, aber keine war wirklich geeignet, mir meinen Lebensunterhalt zu finanzieren.
Ich seufzte. Nun gut, ich musste diese Entscheidung ja nicht gleich hier am Flughafen treffen. Vor mir lagen drei Wochen, drei entscheidende Wochen.
Ich sah meinen Koffer auf dem Gepäckband auf mich zu kommen, schnappte ihn mir und begab mich nach draußen. Paula hatte mir kurz vor meinem Abflug eine Nachricht geschickt, dass sie mich doch würde abholen können. Es wäre kein Problem gewesen, mich zu ihrer Wohnung zu finden, aber ich freute mich dennoch, in Empfang genommen zu werden.

Das Wochenende war ein sehr ruhiger Start in meinen Londonausflug. Nachdem wir meine Sachen in Paulas Wohnung abgeladen, ihre Mitbewohnerin Sam uns einen starken schwarzen Tee mit Milch gekocht und wir so einige Stunden auf der gemütlichen Couch zugebracht hatten, machten wir uns gegen Abend auf den Weg nach Soho. Ich war früher gern in diesem Stadtviertel unterwegs gewesen. Damals war es gerade erst dabei sich zu einem In-Viertel zu mausern. Heute war es Hauptsächlich ein Gay-Viertel. Aber die vielen Bars waren noch immer toll und voll mit aufregenden Menschen. Eigentlich war mir überhaupt nicht nach Menschenmassen zumute, aber Paula duldete keinen Widerspruch. Wir aßen in einem kleinen chinesischen Lokal ein leckeres Reisgericht und ließen den Abend in einer dunklen Bar ausklingen. Am Sonntag überraschte mich Paula mit einem leckeren Frühstück – „Das braucht deine Seele jetzt!“ war der Kommentar der Ärztin. Wir schlemmten ordentlich bei Eiern, Speck, schwarzem Tee, ja sogar Trifle stand auf dem Tisch. Ja, Paula hatte recht. Das war genau, was ich jetzt brauchte. Abstand von allem, die liebgewonnene Londoner Kultur genießen und abwarten, was die Zeit bringt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen