Chapter 28

„Hey Sady, schade, dass ich dich nicht erreiche. Ich wollte fragen, ob du Freitagabend Lust hast mit zu einer Vernissage zu kommen? Ich bin mit ein paar Freunden dort eingeladen. James, ein guter Freund von mir, stellt zum ersten Mal seine Fotos aus und je mehr Leute kommen, desto besser. Vielleicht haben Paula und ihre Mitbewohnerin auch Zeit? Wie gesagt, wenn ihr möchtet, würde ich mich freuen, wenn ihr auch kommt. Bye, Jeremy.“ Ich hörte meine Voicemail ab und freute mich. Eine Vernissage – toll! Ich hatte zwar keine Ahnung zu welchem Thema dieser James Bilder gemacht hatte, aber egal. Ich hoffte sehr, dass Paula Zeit haben würde. Es wäre eine gute Möglichkeit für sie noch mehr Leute kennenzulernen.
Ich stellte die schweren Einkaufstüten auf dem Küchentisch ab. Zwei Zitronen kullerten heraus, ploppten auf den Stuhl und setzten ihren Weg auf dem Fußboden fort. Ich zog Jacke und Stiefel aus, schaltete Musik an und begann damit, den Kühlschrank zu füllen. Heute Abend wollte ich kochen. Paula und Sam hatten mich so lieb aufgenommen und mir ging es inzwischen so viel besser also noch vor 2 Wochen, dass ich mich heute Abend mit einem leckeren Curry revanchieren wollte. Paula würde erst gegen halb 10 aus dem Krankenhaus zurück sein, aber dann halbverhungert. Ich hatte ihr heute Morgen einen Zettel hingelegt, damit sie wusste, dass heute Abend ein leckeres Essen auf sie warten würde. Während ich die Lebensmittel hin und her räumte, wanderten meine Gedanken zurück zur Vernissage. Ich war noch nie auf einer richtigen Vernissage gewesen. Ausstellungen hatte ich bereits einige besucht, aber keine Vernissage. Musste frau sich da besonders hübsch machen? Wann genau ging es eigentlich los? Und wo war die Ausstellung? Ich griff zum Telefon und rief Jeremy zurück.
„Hey Jeremy! Wie geht es dir? Bist du gestern noch gut nach Hause gekommen?“
„Sady! Gut, danke. Ja, es war ja nicht mehr weit. Der Abend war wirklich schön.“
„Ja, das stimmt. Danke übrigens für die Einladung. Ich würde sehr gerne kommen. Die anderen frage ich, sobald sie zu Hause sind.“
„Das klingt gut! Es wird dir gefallen. James macht sehr tolle Fotos. Und dann groß auf Leinwand gezogen, ist das noch einmal ein ganz anderes Erlebnis.“
„Das glaube ich! Zu was für einem Thema hat er denn Fotos gemacht?“
„Er macht Fotos zu den verschiedensten Themen. Aber die Vernissage steht unter dem Thema Beziehungen – alte Ehepaare, Eltern und ihre Kinder, Freunde, Menschen mit ihren Haustieren … sowas.“
„Oh das klingt toll! Ich freu mich! Wo genau ist denn die Ausstellung? Und wann geht es los?“
„Das ist eine kleine Galerie in South Bank. Ich schick dir die genaue Adresse. Los geht es 20 Uhr mit einem kleinen Empfang. Danach kann man dann entspannt die Fotos bestaunen.“
„Ich geb dir Bescheid, wenn ich weiß, ob die anderen mitkommen.“
„Das ist gut, dann kann ich euch auf die Gästeliste setzen lassen.“
„Wow, es gibt eine Gästeliste!“ Ich war ehrlich beeindruckt.
„Ja, zur Vernissage kommen nur geladene Gäste.“
„Da fühle ich mich ganz geehrt!“
Jeremy lachte.
„Jeremy, ich will dich nicht länger von der Arbeit abhalten.“
„Ach, das tust du doch nicht.“
„Das sieht dein Chef sicher anders“, ich musste lachen. „Danke noch einmal für die Einladung.“
„Sehr gerne! Und dann bis spätestens Freitag!“
Ich saß im Wohnzimmer und überlegte, was ich nun als nächstes tun sollte. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es kurz nach halb vier war. Um mit dem Kochen zu beginnen war es noch zu früh. Ich sah aus dem Fenster hinaus auf die Straße. Die Sonne, die gerade hinter den dicken Wolken hervorlugte, ließ die regennassen Straßen golden glitzern. Spontan entschied ich, meine Laufsachen herauszukramen und eine Runde zu drehen. Ganz in der Nähe war ein kleiner Park, dort könnte ich mich ein bisschen austoben.
Schnell sprang ich in mein Zimmer, kramte in der Kommode ein T-Shirt und meine Laufhose raus, suchte im Flur nach meinen Laufschuhen, packte den iPod ein und los ging es. Mein Schweinehund hatte so schnell gar keine Chance vom Sofa aus zu protestieren.

Eine Stunde später war ich wieder zurück. Die Luft war frisch und angenehm gewesen. Obwohl wir mitten in der Stadt waren, hatte ich in dem kleinen Park das Gefühl gehabt, richtig durchatmen zu können. Ich gönnte mir eine heiße Dusche und machte es mir danach vor dem Fernseher gemütlich. Sam kam kurz nach acht nach Hause und sah ziemlich kaputt aus.
„Hey Sam! Bei dir alles okay? Du siehst ganz schön fertig aus.“
„Hey … ja, geht so. Ich hatte heute einen sehr stressigen Tag. Mein Chef kann so ein Ekel sein!“
„Das kenne ich!! Los, ab in die heiße Wanne. Ich mache in der Zwischenzeit den Wein auf und fange an zu kochen. In eineinhalb Stunden dürfte Paula zu Hause sein, dann essen wir schön gemütlich zusammen.“
„Das klingt fantastisch! Josh kommt gegen 9 vorbei…“
„Den bekommen wir auch noch satt!“
„Das sagst du so!“ Sam lachte.
Während Sam im Bad verschwand, wickelte ich mich aus der kuschligen Decke und ging in die Küche. Ich holte den Weißwein aus dem Kühlschrank und stellte ihn zum Atmen auf den Küchentisch, wusch das Gemüse ab und begann mehrere Schüsseln mit Gemüse- und Geflügelstreifen zu füllen.
Ich war gerade auf der Suche nach einem großen Topf im Küchenschrank verschwunden, als Sam in einen flauschigen Bademantel gewickelt aus dem Bad kam.
„Kann man dir irgendwie helfen?“
„Ich suche einen großen Topf – mit Deckel wenn möglich.“
„Hmmm, lass mich mal überlegen. Der da hinten ist zu klein?“ Sam zeigte auf einen mittelgroßen schwarzen Topf, der ganz oben auf einem der Hängeschränke stand.
„Den hab ich total übersehen. Der ginge. Habt ihr einen noch größeren?“
„Warte mal, ich glaub in unserer Rumpelkammer … ähm, sorry, in deinem Zimmer müsste noch einer sein.“, Sam grinste. „Bin sofort zurück.“ Sam kam mit einem blank polierten großen Suppentopf zurück.
„Perfekt!“
Ich nahm Sam den Topf ab, warf Zwiebeln und Knoblauch hinein, dazu ein Schuss Olivenöl und das Brutzeln konnte beginnen. Wenig später, Sam berichtete mir gerade von ihrem Chef, der immer von allen erwartete, bester Laune zu sein und selbst nur missmutig durch die Flure stapfte und mit dem sie heute wegen einer Nichtigkeit aneinandergeraten war, klingelte es an der Tür. Sam sprang auf und ließ Josh herein. Ich hörte, wie sie sich küssten. Viele kleine Küsschen folgten einander und endeten in einem langen Kuss.
„Hey Baby. Alles wieder gut?“ flüsterte Josh im Flur.
„Ja, besser. Sady hat mir ein heißes Bad verordnet und füllt mich grad mit Wein ab.“
Die beiden kamen Arm in Arm in die Küche.
„Mmmmhhh … und kochen tut sie auch noch.“ Josh trat neben mich, um den Inhalt des Topfes zu inspizieren. „Wir sollten sie heimlich hier behalten, damit sie das öfter macht.“ Flüsterte er Sam laut zu. Ich grinste ihn an.
„Hallo Sady!“ sagte er an mich gewandt und küsste mich zur Begrüßung auf die Wange.
„Hallo Josh.“
„So ein Schleimer!“ lachte Sam. „Sady, lass dich nicht einlullen. Er will nur die größte Portion abstauben. Und wenn du nicht aufpasst, nascht er vorher schon immerzu aus dem Topf.
„Ey! Das stimmt ja gar nicht.“ Josh tat entrüstet und setzte seinen Dackelblick auf. „Sady, glaub ihr kein Wort!“
„Na, noch gibt es nicht viel zu Naschen. Und später gibt es dann was auf die Finger – ganz einfach.“
„Du bist ja streng!“
„Du willst doch nicht drei Frauen verhungern lassen, nur weil du aus dem Topf isst?!“
„Nein, das könnte ich ja nicht ertragen, wenn das passieren würde!“
Wir mussten lachen.
„So, bekomme ich wenigstens auch ein Glas Wein?“
„Wir haben auch Bier da“, sagte ich.
„Haben wir? Sam war überrascht.“
Josh grinste. „Ich sag ja, sperr sie ein! Dann kann sie nächste Woche nicht wieder wegfliegen.“
„Josh, ich höre jedes Wort!“ sagte ich lachend.
„Willst du nicht wirklich hier bleiben? Deinen Job willst du doch eh kündigen. Komm doch wieder her.“
„Darüber hab ich auch schon nachgedacht.“
„Und?“
„Ich weiß nicht … mir gefällt es in Hamburg. Klar, London ist eine sehr tolle Stadt und es würde mich reizen noch einmal für eine gewisse Zeit herzukommen. Aber … hmm … sagen wir mal so, die Entscheidung ist noch nicht gefallen.“
„Aber das heißt ja, es besteht die Möglichkeit, dass du zurückkommst.“ meinte Sam.
„Unter Umständen. Aber eins nach dem anderen. Ich muss ja auf jeden Fall zurück und in der Agentur kündigen. Dort bin ich noch bis Ende Februar. Bis dahin weiß ich dann auch, was ich machen werde.“
„Also du kannst jederzeit wieder zu uns kommen, Sady. Ganz ehrlich!“
„Zu Besuch auf jeden Fall, und alles andere werden wir sehen.“
„Darauf stoßen wir an!“ Josh hatte sich inzwischen ein Bier aus dem Kühlschrank genommen und Sam und mein Weinglas nachgefüllt.

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