Chapter 12

Ich kam spät aus der Agentur und wollte nur noch meine Ruhe. Der Tag war sehr anstrengend gewesen. Ich wusste, dass sich unser Team nichts vorzuwerfen hatte. Dennoch setzte mir der Anpfiff vom Chef zu. Ich freute mich auf ein heißes Bad, ein Glas Wein und dann einfach nur noch ab ins Bett. Ich musste nur noch zwei Tage überstehen, dann hatte ich eine Woche Urlaub.
Ich machte mir Sorgen wegen Tom. Wenn er jetzt ausfallen würde, wäre mein Urlaub in Gefahr. In seiner momentanen Stimmung war dem Chef zuzutrauen, dass er uns vor die Wahl stellte und nur einer Urlaub nehmen konnte. Ich wünschte mir sehr, dass es nicht dazu kommen würde.
Ich ließ heißes Wasser in die Wanne laufen, gab einen Schuss Badezusatz hinzu und entkorkte eine Flasche Rosé. Manche Tage müsste man aus dem Kalender streichen können.

Am nächsten Morgen fuhr ich eine Stunde früher ins Büro. Ich wusste nicht, ob Tom zurück war und seine Arbeit musste auch erledigt werden, zumindest das Nötigste. Da unser Team nicht sehr groß war und ich bereits die letzten Wochen immer mal bei ihm eingesprungen war, lag es nahe, dass ich ein Auge darauf haben würde. Aber auch ich musste meine Arbeit „urlaubsfein“ machen und für Jasmin zur Übergabe vorbereiten.
Als ich in der Agentur ankam, war Tom bereits da. Zum Glück! Ich hatte keine Lust auf meinen Urlaub zu verzichten, auch wenn das im Vergleich zum Verlust eines geliebten Menschen nicht so schlimm war.
„Ich hab eine Teambesprechung für 10 Uhr einberufen – ohne Mr. P. Wir sollten versuchen, das Beste aus der Situation zu machen, und können zeitgleich die Urlaubsübergabe besprechen.“ Tom stand in meiner Bürotür, während ich mein Jackett auf den Bügel hing und meinen Rechner hochfuhr.
„Das ist eine gute Idee. Wer weiß was da noch so kommt. Bei unserem Glück verlieren wir auch das nächste Projekt oder der Autor schlägt nicht so ein wie erwartet.“
„Mal den Teufel nicht an die Wand!“
„Wie geht es dir? Du siehst besser aus. Was macht dein Opa?“
Tom seufzte. „Es war ein Schwächeanfall. Es geht ihm den Umständen entsprechend. Lass uns ein anderes Mal darüber sprechen, ja?“
„Okay.“ Ich sah ihn prüfend an, aber seiner Miene war nicht zu entnehmen, ob er die Situation nur herunterspielte oder ob er einfach nur zu müde war, um darüber zu sprechen.
„Tom, ich hab mit Jasmin abgesprochen, dass sie meine Vertretung dieses Mal macht. Dann wäre es kein Problem, wenn du spontan, na ja … weg müsstest.“
„Hmm.“
Wir dachten beide daran, dass es beim nächsten Mal das letzte Mal sein könnte, dass er zu seinem Opa gerufen wird. Ich wollte ihn gern auf Bee ansprechen. Ihn fragen, was sie zu der ganzen Situation sagte. Aber ich traute mich nicht. Beim letzten Mal war das nicht so gut angekommen. Und eigentlich ging es mich auch nichts an.
„Okay, wir sehen uns dann später. Wir könnten auch noch zusammen Mittag machen? Bist ja nächste Woche nicht da.“
„Sehr gerne. Bis später dann!“

Der Tag verlief ruhig. Keiner von uns hatte bahnbrechende Ideen, wie wir die vertrackte Situation lösen konnten, also entschieden wir uns, einfach wie bisher weiter zu machen und hofften, dass das nächste Projekt erfolgreicher war.

Am Freitag übergab ich meine Sachen Jasmin und verabschiedete mich von Tom.
„Halt die Ohren steif!“
„Ja, ja. Es wird schon. Genieß du mal richtig deinen Urlaub und lass dir den Wind um die Ohren wehen. Dann kannst du schön entspannt hier ins Chaos zurückkehren.“ Er grinste mich schief an.
„Ich werde mir dort einfach einen reichen Schnösel schnappen und dann bin ich nur noch Hausfrau. Ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt!“.
Wir mussten beide lachen.
„Viel Erfolg!“

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