Chapter 6

Die folgenden Tage waren ziemlich stressig. Tom verbrachte viel Zeit mit seinem Opa. Er hatte wohl einen Schlaganfall erlitten und es war fraglich, ob er wieder allein würde leben können. Toms Oma war auch nicht mehr die Jüngste und so stand die Familie vor der schweren Entscheidung, den Opa in ein Pflegeheim geben zu müssen. Ich versuchte Tom in der Agentur so gut es ging den Rücken frei zu halten. Das hieß noch 2 Autoren mehr zu betreuen und bei dem tollen Wetter noch mehr Stunden im Büro zu hocken.
Am Mittwochabend war ich zum Laufen verabredet und schaffte es gerade rechtzeitig an die Alster. Ich wollte erst absagen, denn es schüttete wie aus Kübeln, doch als nach 20 Minuten der Regen aufhörte und die Wolkendecke aufriss, wünschte ich mir, es würde weiterregnen. Bei 25°C war die Luft ganz schwer mit Feuchtigkeit. Wie in den Tropen legte sich ein leichter Film auf die Haut, kaum das man zum Stehen gekommen war. Aber es tat gut. Die Anstrengung vertrieb den Stress der Agentur. Ich spürte jede Faser meines Körpers, die Muskeln in den Waden protestierten gegen die Belastung und doch war es genau das, was ich gebraucht hatte. Vollkommen durchnässt und total erledigt beendete ich die Runde und fuhr nach Hause. Ich ließ mir ein heißes Bad ein, öffnete einen Rosé und machte es mir mit meinem Krimi gemütlich. Das heiße Wasser prickelte auf der Haut. Ich spürte wie sich meine Muskeln entspannten. Ich war von Sport nie sonderlich angetan. Und um ehrlich zu sein, fragte ich mich auch jetzt noch regelmäßig, warum ich mir das antat. Aber das Gefühl danach war meistens toll. Man fühlte sich so voller Energie und Leben – auch wenn gewisse Zipperlein erst nach Tagen wieder verschwanden.
Ich war komplett in der Story versunken, als mein Telefon klingelte. Der Mörder beschrieb gerade ausführlich, wie er sein neuntes Opfer auf brutalste Weise hingerichtet hatte und ich zuckte erschrocken zusammen. Seit ich einmal ein Telefon in der Badewanne ertränkt hatte, ließ ich solche Technik nicht mehr in die Nähe meines Badezimmers. Ich wollte aber auch noch nicht aus dem warmen Nass heraus, also ließ ich es klingeln. Der AB sprang an.
„Jetzt mache ich mir aber wirklich Sorgen! Tina, hier ist Marc. Bitte melde dich bei mir! Ich werde noch ein paar Tage länger in London bleiben. Hier noch mal die Nummer: 0044 20 64833980. Meld dich!“
Wie von der Tarantel gestochen sprang ich aus der Wanne. Halt! Stopp! Nicht auflegen!! Zu spät. Als ich am Telefon war, hatte er bereits aufgelegt. Um mich herum bildete sich eine Pfütze mit kleinen Schaumkronen. Ich schlitterte zurück ins Bad, warf ein Handtuch auf die Pfütze und stieg wieder in die Wanne. Zurückrufen konnte ich auch noch in einer halben Stunde.
Marc hieß die Samtstimme also. Und Tina seine Süße. Ich nahm meinen Krimi und widmete mich wieder dem Todesspiel des Mörders. Aber immer wieder schweiften meine Gedanken ab. So viel zu meiner Entspannung. Ich ließ das Wasser raus und kümmerte mich um die nassen Tapsen im Flur. Sollte ich wirklich zurückrufen? Ja, er schien sich Sorgen zu machen.
Ich trocknete mich ab, zog mir etwas Gemütliches an und nahm den Hörer in die Hand. Es klingelte.
„This is the voicemail of Marc Sunders. Please leave a message after the tone or contact my assistant Nancy Wagner under 020 64834781. Thank you.”
Ich legte auf. Prima! Da macht der Herr sich Sorgen und war dann nicht erreichbar!
Eine halbe Stunde später klingelte das Telefon erneut.
„Ja, hallo?“
„Oh, ähm, Tina?“ Er klang verwirrt.
„Nein, hier ist Sady. Sie haben wohl die falsche Nummer. Sie haben mir schon mehrfach auf den AB gesprochen.“
„Oh, verstehe! Entschuldigen Sie bitte! Kein Wunder, dass sie sich nicht meldet. Wahrscheinlich ist sie schon ganz krank vor Sorge, weil ich mich nicht melde!“
„Wahrscheinlich.“
„Entschuldigen Sie nochmals. Aber danke für den Rückruf.“
„Gerne. Haben Sie denn jemanden, den Sie kontaktieren können, um die richtige Nummer herauszufinden?“ Das ging mich überhaupt nichts an!
„Ähm, ich müsste meine Assistentin fragen.“
„Gut.“
„Ja. Sorry. Ich muss jetzt los. Vielen Dank noch mal.“
„Keine Ursache.“
„Bye!“
„Bye.“
Wow, also eins musste man dem Herrn ja lassen. Seine Stimme war atemberaubend. Schade eigentlich, dass er nun keine Nachrichten mehr hinterlassen würde.

2 Kommentare:

  1. Ich bin gespannt, wie du die Kurve bekommst, dass sich dieser Marc doch wieder meldet...Der MUSS dich noch einmal melden!!!! Ich könnte ewig weiterlesen! Richtig gut!!!

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  2. Hey find ich auch nicht schlecht deine Geschichte oder dein Frauenroman auch wenn ich ein Mann bin^^

    Ach und danke für die Verlinkung meines Blogs in deinem
    Werde dichg jetzt auch verlinken^^
    Mach weiter so

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