Chapter 8

Schweißgebadet wachte ich auf. Mein Herz klopfte wild, eine undefinierbare Angst hatte mich fest im Griff. Ich hielt den Atem an und lauschte in die tiefe Nacht. Irgendwo schrie eine Katze, in der Ferne rauschten Autos die Straße entlang. Ich war zu Hause, in meinem eigenen Bett, alles war in Ordnung. Mein Herzschlag normalisierte sich. Ich rollte mich auf die Seite, zog die Decke bis über beide Ohren und versuchte den Traum abzuschütteln. Ich konnte mich nicht genau erinnern, wovon er handelte, aber er hinterließ ein beklemmendes Gefühl. Solche Träume überfielen mich ab und an. Überraschenderweise dann, wenn es mir ziemlich gut ging, ich einen tollen Abend hatte oder rundum glücklich und zufrieden war. Vielleicht waren sie eine Warnung, dass man nie vergessen sollte, das Gute zu wertschätzen, denn es konnte schnell vorbei sein.
Ich lag eine ganze Weile wach, bis mir klar wurde, dass ich nicht mehr einschlafen würde. Ich sah auf die Uhr, 4:38. So viel dazu, dass Wochenende war und ich ausschlafen konnte. Ich ging in die Küche und setzte Teewasser auf. Am Horizont färbte sich der Himmel rosa. Es würde ein sonniger Tag werden. Mit einer dampfenden Tasse Schwarztee ging ich zurück ins Bett. Ich konnte genauso gut jetzt Majas Konzept ausarbeiten, an Schlaf war nicht mehr zu denken. Ich überlegte hin und her, ging verschiedene Möglichkeiten durch – regelmäßige Lesungen zu verschiedenen Themen, eine Lesewoche über Krimis, Kindersamstage, monatliche Leseabende für Frauen. Ich tauchte ein in meine Arbeit und erstellte am Ende drei verschiedene Konzepte. Maja sollte selbst entscheiden, was am Besten für sie und ihr Lädchen passte.
Es war inzwischen kurz vor acht. Noch immer hatte ich das Gefühl, dass mir der Traum anhing. Ich musste raus. Rasch zog ich meine Laufsachen an und fuhr an die Alster. Dort angekommen stöpselte ich mir Musik ins Ohr und lief los. Trotz der frühen Stunde waren schon einige Läufer unterwegs. Als Belohnung gab es klare Luft, die langsam von der Sonne erwärmt wurde und silbern glitzerndes Wasser gekrönt von ersten weißen Seegelbootzipfeln. Ich merkte, wie der Traum nach und nach verblasste und meine Laune stieg. Als ich meine Runde beendet hatte war es warm geworden. Auf dem Heimweg hielt ich bei einem Bäcker an und kaufte mir 2 Croissants. Nach diesem Start ins Wochenende konnte ich mir die getrost gönnen.
Ich schloss die Tür auf und mein Blick wanderte sofort zum Anrufbeantworter. Ich weiß, es war total albern, aber irgendwie hoffte ich, dass dieser Marc wieder anrufen würde. Das Licht blinkerte. Oh! Mein Herz machte einen Hüpfer. Ich machte einen Satz durch den Flur und hörte die Nachricht ab.
„Nein, es ist nicht Marc, es bin nur ich“, Maja lachte. Ein bisschen enttäuscht ließ ich mich auf die Couch im Flur fallen und zog meine Laufschuhe aus.
„Ich wollte fragen, ob du Lust auf eine Kanutour hast? Schläfst du noch? Ok, wenn du wach bist, dann ruf zurück. Wir wollten so gegen zwei am Bootsverleih sein. Bis später!“
Wie kann man nur so albern sein und hoffen, dass ein Typ, der sich lediglich verwählt hatte, noch mal anrufen würde? Und dann? Warum sollte er das auch tun? Ich kannte diese Tina schließlich nicht und konnte ihm also auch nicht helfen. Seufzend stand ich auf und kochte mir einen Kaffee. Kanutour klang gut. Mit Maja und Ben war das immer ein Heidenspaß. Ich könnte noch schnell ein paar Muffins backen und als Proviant mitnehmen. Ich rief Maja zurück und sagte ihr zu.

Wir verbrachten einen sehr lustigen Nachmittag auf Hamburgs Kanälen. Wie erwartet kamen die Muffins gut an. Maja hatte Prosecco dabei, so dass wir leicht beschwipst unsere Bootstour beendeten. Danach lud Ben uns ein mit zu ihm zu kommen, wo er uns Pizza backen wollte. Ich hatte Maja von meinen Konzepten berichtet und mich mit ihr für Montagmittag verabredet, dann hatten wir genug Zeit ausführlich darüber zu sprechen.
Nun lag ich wieder in meinem Bett. Das ungute Gefühl vom Morgen kam langsam zurück. Ich war hundemüde und konnte doch nicht einschlafen. Ich starrte meine Schlafzimmertür an, ja hypnotisierte sie beinahe. Was, wenn jetzt jemand hereinkommen würde? Was würde ich tun? Mich schlafend stellen? Ich musste nun doch lächeln. Manchmal fühlte ich mich immer noch wie das kleine Mädchen, das Angst vor der vermeintlichen Schlange unterm Bett hatte und deshalb stundenlang wach lag, weil es sich nicht traute aufzustehen und zur Toilette zu gehen, aus Angst, die Schlange könnte sie fressen. Wenn es nicht mehr auszuhalten war hatte ich zuerst unters Bett geguckt, bevor ich dann im Dunkeln ins Bad flitzte. Wer also sollte in meine Wohnung einbrechen mitten in der Nacht? Es gab nichts zu holen und da ich immer den Schlüssel im abgeschlossenen Schloss stecken ließ, würde ich es hören, wenn sich jemand Zutritt verschaffte. Ich redete mir gut zu und fiel in einen unruhigen Schlaf.

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